Die Ameisenjungfern (Myrmeleontidae) stellen eine große Familie innerhalb der Insekten dar. Sie gehören zu den sogenannten Netzflüglern. Auf der ganzen Welt sind ca. 2000 verschiedene Arten bekannt. In Mitteleuropa konnten bisher elf Arten nachgewiesen werden.
Die Larven der Ameisen werden Ameisenlöwen genannt und sind durch ihren prägnanten Körperbau und ihre ungewöhnliche Beutefangmethode bekannter als die adulten Tiere. In einigen Sprachen, wie beispielsweise im Englischen, gibt es keine Bezeichnung für die vollentwickelten Insekten. Stattdessen werden sie wie ihre Larven genannt.
Inhaltsverzeichnis
Das Aussehen der Ameisenjungfern
Vom Aussehen her sind vollentwickelte Ameisenjungfern oft leicht mit Kleinlibellen zu verwechseln. Auch sie zeichnen sich durch einen sehr schmalen, langgezogenen Körper aus. Außerdem tragen sie zwei Paar Hautflügel, die je nach Art und Geschlecht länger sein können als der Thorax der Insekten.
Der größte Unterschied zu Libellen besteht darin, dass Ameisenjungfern ihre Flügelpaare wie alle Neuflügler dank entsprechender Gelenke nach dem Flug zusammenklappen können. Sie tragen die Flügel dann auf ihrem Körper und breiten sie nur aus, wenn sie fliegen wollen. Außerdem tragen die Insekten im Vergleich zu Libellen keulenförmige Fühler auf dem Kopf, mit denen sie beispielsweise Nahrungsquellen ausmachen können.
Größe
Die Größe von Ameisenjungfern schwankt stark. Es gibt Arten, die nur knapp 10mm groß werden. Einige in Afrika beheimatete Arten können dagegen einen Körperbau bis zu 60mm und eine Flügellänge bis zu 80mm aufweisen.
Die in Europa zu findenden Arten der Ameisenjungfern haben im Schnitt eine Körperlänge von 50mm. Die Gemeine Ameisenjungfer (Myrmeleon formicarius) ist die in Europa meist verbreitete Art der Insektenfamilie. Ihre Körperlänge liegt bei erwachsenen Exemplare zwischen 30mm und 40mm.
Im Larvenstadium sind die Netzflügler dagegen viel korpulenter. Ameisenlöwen werden knapp 15mm groß. Aber sie zeichnen sich durch große Mundwerkzeuge und einen überproportional großen und dicken Hinterleib aus. Der Hinterleib ist mit Borsten versehen, die in manchen Zellen auch Sinneszellen tragen.
Färbung
In ihrer Färbung passen sich die verschiedenen Arten der Ameisenjungfern ihren jeweiligen Lebensräumen an. In eher erdigen oder sandigen Regionen lassen sich Insekten beobachten, die eine bräunliche Färbung tragen. In Gebieten mit vielen Wäldern und Wiesen sind die Vertreter der Ameisenjungfern dagegen eher grünlich oder bläulich gefärbt. Die Färbungen sind aber immer recht dunkel gehalten, damit sich die Insekten besser an ihren nachtaktiven Lebensstil anpassen können.
Die Flügel der Insekten sind, ähnlich wie bei Libellen, in der Regel eher schimmernd und durchsichtig. Allerdings können sie Muster aus kleineren oder größeren Flecken aufweisen.
Im Larvenstadium haben Ameisenjungfern noch keine Flügel.
Körpersegmente
Der Kopf von Ameisenjungfern erinnert eher an eine Grille. Gerade durch die auffälligen Fühler und die großen Komplexaugen auf beiden Seiten des Kopfes entsteht dieser Eindruck. Aber auch ihre nach unten gerichteten Mundwerkzeuge lassen eine Verwechslung zu.
Der aus drei nahezu gleichmäßig langen Teilen bestehende Thorax ist mit eher kurzen Beinen ausgestattet, mit denen die Netzflügler sich auf Blättern oder Halmen festhalten können.
Der langgestreckte Hinterleib besteht bei allen Ameisenjungfern aus zehn Segmenten. Bei den Männchen sind neun Segmente voll ausgebildet. Bei den Weibchen sind es dagegen nur sieben. Die restlichen Segmente sind verwachsen und fallen je nach Art sehr unterschiedlich aus.
Der Lebensraum der Ameisenjungfern
Ameisenjungfern sind über nahezu alle Gebiete des Erdballs verteilt. Auf jedem Kontinent, außer der Antarktis, finden sich Arten der Insektenfamilie. Bevorzugt leben die Netzflügler in Regionen, die sich durch hohe bis extreme Trockenheit und wenig Vegetation auszeichnen. Besonders bevorzugt sind Wüsten und Halbwüsten. Allerdings gibt es auch Arten, die in Wäldern zu finden sind. Allerdings sind diese Arten nur in trockenen Waldregionen zu finden.
Die Gemeine Ameisenjungfer ist zum Beispiel in Europa und in weiten Teilen Asiens zu finden. Allerdings kann sie erst in Höhenregionen ab 1000m entdeckt werden, in denen die Vegetation nicht mehr ganz so dicht ist. Auf den Britischen Inseln wurden dagegen noch gar keine Gemeinen Ameisenjungfern gesichtet. Forscher gehen davon aus, dass die hohe Luftfeuchtigkeit und niedrige Temperaturen dafür verantwortlich sind, dass sich die Insekten dort nicht ausbreiten können.
Während die ausgewachsenen Imagines sandige oder steinige Stellen bevorzugen und sich auch mal auf Pflanzenhalmen niederlassen, bevorzugen die Larven den Sand- und Erdboden. Sie bauen sich dort ihre Unterkünfte. Am ehesten wählen die Jungtiere dabei stellen aus, die von viel Sonne beschienen werden, aber gleichzeitig einen möglichst großen Schutz vor Regen bieten können.
Die Lebensweise und Ernährung der Ameisenjungfern
Das Leben und die Ernährung der Ameisenjungfern unterscheiden sich je nach der Entwicklungsstufe stark voneinander.
Die Lebensweise
Imagines sind größtenteils nachtaktiv. Sie verbringen den Großteil des Tages bodennah, ohne sich groß zu bewegen. Ihre unauffällige Körperfärbung lässt sie dabei für ihre Umgebung fast unsichtbar wirken. Bei Nacht werden die Insekten aktiv und machen sich auf die Suche nach Beute oder nach Geschlechtspartnern.
In Australien und Afrika gibt es allerdings auch Ameisenjungfern der Gattung Palpares, die es bevorzugen, am Tag aktiv zu sein und sich nachts im Schutz der Dunkelheit vor eventuellen Fressfeinden zu verstecken.
Auch wenn Ameisenjungfern heiße, trockene Untergründe bevorzugen, findet man die vollentwickelten Insekten nicht direkt auf dem Boden. Die ausgestrahlte Hitze wäre zu groß und könnten den Insekten schaden. Stattdessen ziehen sie es vor, sich in ihren Ruhephasen ca. 10cm bis 40 über dem Boden aufzuhalten. Auf der einen Seite sind sie so vor zu großer Hitzeeinwirkung vom Boden geschützt, laufen auf der anderen Seite aber auch nicht Gefahr, von starken Winden erfasst zu werden.
Die Larven der Ameisenjungfern bevorzugen es dagegen, sich direkt am Boden aufzuhalten. Vor dem Schutz der Sonne graben sie sich in die lockere Streuschicht des Bodens ein. Manche Arten suchen auch in Baumhöhlen oder Felsspalten Unterschlupf.
Die Ernährung
Alle Ameisenjungfern jagen andere Insekten. Die erwachsenen Imagines machen in der Nacht Jagd auf Kleinschmetterlinge und Blattläuse. Die Ameisenjungfern fliegen dabei zu ihrer Beute hinüber und fixieren sie mit ihren Beinen auf einem geeigneten Untergrund. Anschließend werden die Beutetiere aufgefressen. Es konnte oft beobachtet werden, dass die Ameisenjungfern nur den Kopf und den Körper ihrer Beute verspeisen. Die Flügel lassen sie dagegen zurück.
Allerdings können sich die Insekten auch mit Pollen und Nektar von Pflanzen ernähren. Einzelne Arten bevorzugen diese Nahrungsquelle und gehen nicht auf die Jagd nach anderen Insekten.
Die Larven der Ameisenjungfern sind dagegen reine Jäger. Sie haben verschiedene Verhaltensweisen und Strategien, um sich ihre Beute zu holen. Manche Arten können tagelang eingegraben im Sand verweilen und auf andere Insekten warten, die sie dann in einer schnellen Bewegung packen und lähmen.
Rund 10% der Larven sind Trichterbauer. Wenn sie einen geeigneten, lockeren Untergrund gefunden hat, bohrt sich ein Trichterbauer direkt ein. Sie benutzen ihren dicken Hinterleib wie einen Korkenzieher. Auf der einen Seite schieben sie sich mit den hinteren Beinpaaren in den Boden, während sie sich in kleinen Spiralen drehen. Somit kann sich ein Ameisenlöwe langsam in den Untergrund versenken.
Sobald sich der Ameisenlöwe weit genug eingegraben hat, bewegt er seinen Kopf ruckartig nach hinten, um Sand und Erde aus seinem Trichter bis zu 30cm weit nach hinten zu werfen. Dabei nutzt er seine Mundwerkzeuge, die er bis zu 180° weit nach hinten und bis zu 90° weit zur Seite öffnen kann. So entsteht mit der Zeit ein Trichterfalle für die Beute.
Wenn sich potentielle Beute einem Trichter nähert, dann nimmt ein Trichterbauer das durch spezielle Sinneszellen wahr, die sich auf dem Thorax der Larve befinden. Beutetiere können in einer Entfernung von 60mm bis 80mm registriert werden. Die Sinneszellen sind dabei so fein, dass ein Ameisenlöwe feststellen kann, ob ein näherkommendes Insekt ein potentielles Beutetier ist, oder ob es eine Gefahr darstellen könnte. Bei zu großen Tieren verhält sich ein Trichterbauer unauffällig und bleibt verborgen. Wenn ein Tier dagegen potentielle Beute darstellt, reagiert die Larve schnell. Ameisenlöwen bewerfen das andere Insekt gezielt mit Sand. Auf diese Weise soll die Beute aus dem Konzept gebracht werden und in den Trichter stürzen. Befindet sich ein Beutetier im Trichter, wirft der Ameisenlöwe weiter mit Sand, damit das Insekt an der Trichterwand runterrutscht. Wenn sich die Beute direkt über der Larve befindet, packt sie sie mit ihren Mundwerkzeugen und injiziert ein Gift, das sie lähmt. Anschließend spritzt der Ameisenlöwe Verdauungssäfte in seine Beute, um sie aussaugen zu können.
Zu den bevorzugten Beutetieren von Ameisenlöwen zählen kleinere Gliederfüßler wie z.B. Ameisen, Spinnen, Milben, Asseln, Tausendfüßler. Vereinzelt greifen die Larven auch kleine Nacktschnecken oder Regenwürmer an, wenn sie keine andere geeignete Beute finden.
Die Fortpflanzung der Ameisenjungfern
Bisher gibt es kaum Beobachtungen darüber, wie sich Ameisenjungfern paaren und fortpflanzen. Viele Entomologen gehen aber davon aus, dass die Männchen Pheromone aussondern, um geschlechtsreife Weibchen auf sich aufmerksam zu machen. Wenn sich dann eine weibliche Ameisenjungfer nährt, sollen die Männchen eine Art Balztanz aufführen, bei denen sie ihre Duftorgane nach außen stülpen. Vereinzelte Aufnahmen zeigen, dass die Männchen der Ameisenjungfern sich in einer größeren Gruppe versammeln, um ihre Balztänze aufzuführen, während die Weibchen das Geschehen aus dem Verborgenen beobachten. Irgendwann kommen einzelne Weibchen dann angeflogen, um sich ein Männchen aus der Gruppe herauszuziehen und sich mit ihm in einer Verklammerung in die Luft zu erheben. Danach ruhen die Ameisenjungfern immer noch aneinandergeklammert, kurze Zeit auf einem Halm oder auf einer geeigneten Oberfläche aus, bevor das Weibchen sich löst und weiterfliegt.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Duftorgane dazu dienen, den Weibchen zu zeigen, wo sie überhaupt hinfliegen müssen. Da die Paarung in der Nacht stattfindet, ist die Sicht stark eingeschränkt. Außerdem könnten die herausgestülpten Duftorgane eine Hilfestellung darstellen, damit sich die Weibchen an ihren Geschlechtspartnern festklammern können.
Nach der Paarung, die nach Vermutungen im Flug stattfinden soll, sucht sich das Weibchen einen geeigneten lockeren Untergrund und hebt mit ihren Hinterbeinen eine Kuhle aus. In diese Kuhle werden anschließend bis zu elf befruchtete Eier abgelegt und wieder vom Weibchen mit Sand und Halmen zugedeckt. Es konnte auch beobachtet werden, dass Weibchen einzelne Eier auffressen, bevor sie wegfliegen.
Die natürlichen Feinde der Ameisenjungfern
Ameisenjungfern haben keine bekannten natürlichen Feinde. Sie stehen nicht einmal bei Vögeln oder bei Amphibien besonders häufig auf dem Speiseplan. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass die Insekten aufgrund ihrer unscheinbaren Körperform und ihrer dunklen Körperfärbung oft nur schwer erkennbar sind.
Aber selbst die Larven werden selten gefressen. Trotzdem besitzen Ameisenjungfern einen Reflex, der sie in eine Schockstarre verfallen lässt, wenn sich potentielle Jäger nähern. Diese Starre ist dadurch erkennbar, dass die Flügel in einer leichten V-Form vom Körper abgespreizt werden und nicht mehr eng anliegen. Es fehlt den Insekten allerdings an aktiven Möglichkeiten, um sich gegen Gegner zur Wehr zu setzen.
Für die Insekten ist das ein großes Problem. Es kommt nämlich vor, dass manche Beutetiere wie Ameisen sich heftig zur Wehr setzen und den Spieß einfach umdrehen können. Dann werden die schutzlosen Ameisenjungfern plötzlich zur Beute.
Aufgrund ihres Verhaltens sind die Ameisenjungfern auch häufig das Ziel von parasitären Insekten aus der Familie der Schlupfwespen, der Wollschweber oder der Erzwespen. Die parasitär lebenden Insekten nutzen die Netzflügler, um ihre Eier in ihnen abzulegen. Wenn die Larven schlüpfen, werden die Ameisenjungfern von innen heraus aufgefressen.
Obwohl es keine bekannten Fressfeinde gibt, stehen viele Arten der Ameisenjungfern auf der Liste der bedrohten Arten. Das hängt damit zusammen, dass ihre Lebensräume durch den Menschen immer weiter zerstört werden und auch das Angebot an Beutetieren in viele Regionen stetig weniger wird. Allgemeine Schutzprogramme wie das Anlegen von geschützten Grünflächen helfen dabei, die Artenvielfalt zu erhalten. Es gibt allerdings keine speziellen Maßnahmen, um die Bestände der Ameisenjungfern zu schützen.
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