Schneider, Kanker, Opa Langbein oder Schuster sind nur einige Namen, unter denen der Weberknecht auch bekannt ist. Der Weberknecht gehört zur Ordnung der Spinnentiere und es gibt über 6000 verschiedene Unterarten. Dabei können die Körperlängen zwischen zwei und 22 Millimetern variieren. Lange Beine und gedrungene milbenähnliche Körperformen sind möglich. Es gibt die größte Form der Weberknechte mit einer Körperlänge von 22 Millimetern, die Trogulus torosus. Dagegen gibt es die Sorte Mitobates stygnoides mit einem sechs Millimeter kleinen Körper und dafür einer Beinlänge von 160 Millimetern.
Es gibt einen entscheidenden Unterschied zu anderen Spinnenarten, und zwar ist der Vorderkörper mit dem Hinterkörper verwachsen. Außerdem besitzen Weberknechte keine Spinndrüsen oder Giftdrüsen. Dafür haben sie Stinkdrüsen, welche in der Lage sind giftige Substanzen abzusondern. Außerdem haben sie einen Penis als Geschlechtsorgan, was andere Webspinnen nicht haben. Die Weibchen sind in der Regel größer als die Männchen.
Die Spinnentiere mit den langen Beinen gab es bereits vor 300 Millionen Jahren. Diese Vorfahren sind den heutigen Exemplaren sehr ähnlich. Die Tiere sind über die ganze Welt verbreitet und haben vor allem insektenfressende Vögel als natürlichen Fressfeind. Allein in Mitteleuropa sind mehr als 110 Arten beheimatet und 40 davon in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Langbeine sollten nicht mit den Webspinnen verwechselt werden, denn sie können im Gegensatz zu dieser Spinnenart keine Fäden bilden und Netze bauen, da ihnen die dafür notwendigen Spinnwarzen fehlen.
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Der Körperbau – einen Weberknecht richtig erkennen
Der Weberknecht hat gegenüber anderen Spinnenarten einen einheitlich verlaufenden Körper. Das heißt, es ist keine klare Trennung zwischen Vorder- und Hinterkörper erkennbar. Dadurch erscheint der Körper sehr gedrungen und oval. Unter dem Mikroskop betrachtet haben einige Weberknechte sogar einige farbintensive Dornen am Körper, dessen Nutzen allerdings noch unerforscht ist. Die einzelnen Segmentringen, die bei Spinnen vorkommen, sind bei dem Weberknecht miteinander verschmolzen und teilweise komplett verloren gegangen. Normalerweise lassen sich auch Sterniten und Tergiten unterscheiden, doch das ist nur bei den Embryonen möglich. Sterniten sind der sklerotisierte Brustteil eines Segmentes und Tergiten das gleiche, nur auf der Rückseite des Körpers. Das erste Paar der Extremitäten dient als Mundwerkzeug, die sogenannte dreigliedrige Chela. Das zweite Extremitätenpaar sind die Pedipalus. Diese sind als Tast-oder Greiforgan ausgebildet und manche Arten besitzen dort auch eine Lade. Dieses Paar ist laufbeinartig. Die anderen Paare sind ausschließlich Laufbeinpaare. Auf dem zweiten Brustbein des Hinterkörpers befinden sich die Stigmen. Das sind bei dem Weberknecht die Atmungsöffnungen. Durch einen Penis werden Samen übertragen und auch bei Weberknechten kann es deutliche äußerliche Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen geben. So ist die Zeichnung der Männchen meist wesentlich dunkler als die der Weibchen. Das kommt daher, dass die Chitinhülle, also Panzerhülle, dicker ist und sie eine deutlich stärkere Skulpturierung besitzen. Der auf dem Vorderleib befindliche Rückenschild besteht aus miteinander verschmolzenen Tergiten. Dazu gehören die ersten fünf bis sechs. Die Tergite auf dem Hinterleib dagegen sind deutlich voneinander getrennt und durch die Gliederung des Rückens lassen sich die unterschiedlichen Arten optimal bestimmen. Bei den Arten Sironidae und Oncopodidae sind die abdominale Platte des Hinterleibes und die Rückenschilder des Vorder- und Hinterleibes komplett verwachsen. Bei den meisten Laniatores, Palpatores, Trogulidae und Nemastomatidae besteht die abdominale Platte aus den Segmenten eins und fünf, die restlichen Segmente sind komplett isoliert. Die prosomale Platte dagegen ist vollständig verwachsen und die beiden Scuti sind miteinander verschmolzen. Bei der Unterart der Phalangioidea ist das letzte abdominale Tergit getrennt, ebenso wie das Scutum. Dieses ist von Vorder- und Hinterkörper getrennt und frei beweglich. Außerdem sind die letzten zwei oder auch drei Tergite des Hinterleibes isoliert. Ebenfalls bei den Phalangidae und auch bei den Gagrelinae sind dünne Skleritplatten ausgebildet. Die Zeichnung der Weberknechte ist bei den Unterarten sehr unterschiedlich. Das hängt davon ab, in welcher Bodenschicht die Tiere leben. Die Ausprägung der Zeichnung ist sehr individuell und kann auch zwischen den Tieren innerhalb einer Art variieren. Außerdem kann sich die Zeichnung bei dem Weberknecht im Laufe seines Lebens verändern, da sich das Außenskelett noch aushärtet. Hinzu kommt noch die Abhängigkeit vom Lebensraum. Je nach Höhenlage oder Bodenschicht kann die Färbung unterschiedlich ausfallen. Bei manchen Arten sind am Körper unterschiedlich ausgeprägte Dornen und Zacken vorhanden, teilweise sehr farbenprächtig. Diese lassen sich jedoch nur unter dem Mikroskop erkennen und auch die spezielle Funktion dieser Fortsätze ist nicht klar. Sie werden aus der äußeren Haut heraus gebildet und strukturieren das Schild des Weberknechtes besonders stark. Die Ausprägungen können unterschiedlich stark sein, als Höcker, Brückendornen, Wülste, Zapfen, Dornen oder reliefartige Strukturen. Auf dieses Dornen oder knotenartigen Schwellungen befinden sich oftmals noch kleine Haare oder weitere Wülste. Die Behaarung spielt bei den Weberknechten keine wichtige Rolle, im Gegensatz zu anderen Spinnenarten. Doch es gibt sogenannte Drüsenhaare und Fiederhaare an den Laufbeinen, die der Sinneswahrnehmung dienen. Die sind also kleine Sensoren. Um weitere Reize wahrnehmen zu können, besitzen Weberknechte sogenannte Spaltsinnesorgane oder auch Sensillen, die bei anderen Spinnenarten meist zu einem lyraförmigen Organ zusammengefasst sind, bei Weberknechten jedoch eher selten. Diese nehmen Schwingungen der Umwelt wahr. Die Forschung hat die genaue Funktion dieser Organe bei den Weberknechten noch nicht herausgefunden. Es wird aber vermutet, dass sie zur Orientierung, Wahrnehmung des Luftschalls und der eigenen Körperbewegung dienen. Es gibt einige Unterarten, die eine drüsig-papillöse Haut haben und darüber Sekrete ausscheiden können. Daran bleiben dann Bodenteile haften und diese bilden eine Erdmimikry, welche dem Weberknecht als Schutz dient. Bei einigen Unterarten bildet sich aus den Sekreten ein poröser, glasiger Überzug. Auch die Weberknechte besitzen acht Beine und können je nach Art sehr lang sein, teilweise sind sie 25mal länger als der Körper. Die vier Laufbeinpaare lassen sich in unterschiedliche Teile untergliedern. Es gibt die Hüfte, den Schenkelring, den Schenkel, die Schiene, die Gliederfüße und das Krallenorgan. Je nach Art können sich vor allem die Gliederfüße in noch mehr einzelne Glieder unterteilen oder auch nur aus einem Glied bestehen. Manche Arten haben bis zu 100 einzelne Glieder, welche aber nicht alle einzeln beweglich sind und sogenannte Scheingelenke besitzen. Diese Vielgliedrigkeit ist unter den Gliederfüßern einmalig. Dadurch sind die Weberknechte in der Lage, zum Beispiel Grashalme lassoartig zu umschlingen und sich so ideal in der Strauch- und Krautschicht fortbewegen. Der Fuß kann zur gleichen Zeit aufgesetzt werden und bietet Halt auf dem Boden, sofern das notwendig ist. Auch an den Beinen können Drüsen vorhanden sein. Forscher vermuten dabei sekundäre Geschlechtsorgane. Wenn die Beine festgehalten werden, können sie abgeworfen werden. Das trifft allerdings nicht auf alle der acht Beine zu. Diese Fähigkeit dient zum Selbstschutz bei Gefahren und ist auch bei Eidechsen bekannt, die ihren Schwanz abwerfen können. Weberknechte, die kürzere Beine haben, können das allerdings nicht. Im Kopfbereich gibt es ein Paar, was irrtümlich oft als fünftes Laufbeinpaar gedeutet wird. Es handelt sich dabei allerdings um ein umgewandeltes Extremitätenpaar und funktioniert als Tastorgan oder auch Fangorgan. Manche Weberknechte nutzen es auch zur Nahrungsaufnahme, zur Fortpflanzung oder als Kletterhilfe. Wenn es als Tastorgan benutzt wird, sind darauf sehr viele Sinneshaare zu finden. Hinzu kommen noch die sogenannten Kieferklauen. Diese befinden sich am Vorderleib des Weberknechtes und sind mit weichhäutigen Membranen verbunden. Bei manchen Arten sind diese Klauen auch sklerotisiert und mit Dornen versehen. Die Kieferklauen sind in der Regel dreigliedrig ausgebildet, wobei das dritte Glied die eigentliche Klaue ist. Bei einigen Unterarten der Weberknechte kann das Grundglied sehr lang ausgeprägt sein, es kann sogar genauso lang werden wie der Körper selbst. Unter anderem befinden sich an den Klauen auch die sekundären Geschlechtsmerkmale in Form von Drüsen oder Poren, aus denen dann das Sekret austritt. Diese Drüsen sind in den meisten Fällen am Grundglied zu finden. Wer die Weberknechte genauer unter der Lupe betrachtet, wird einen ausgeprägten Hügel am vorderen Teil des Körpers finden. Dort liegen die Augen. Dieser kann auch einen ausgeprägten Stiel aufweisen. Bei den Weberknechten ist der Sehsinn ziemlich schlecht ausgeprägt, dennoch können sie ultraviolettes Licht wahrnehmen. Der Sinn dieser Fähigkeit bei nachtaktiven Tieren ist noch nicht erforscht. Die Stinkdrüsen sind eine weitere Besonderheit der Weberknechte. Diese Austrittsöffnungen befinden sich in den meisten Fällen am vorderen Rand des Rückens auf Höhe des zweiten Beinpaares. Das Sekret dient zur Abwehr und es tritt aus, wenn größerer Druck auf den Körper ausgeübt wird. Auch wenn ein Angriff von anderen Insekten oder Spinnen droht, wird das Sekret ausgestoßen, welches leicht flüssig und stark riechend ist. Je nach der Höhe der Konzentration kann es den Feind betäuben oder sogar töten.
Wie leben Weberknechte?
Der Weberknecht baut im Gegensatz zu anderen Spinnen keine Fangnetze und lebt meist in der Bodenschicht. Sie ernähren sich von kleinen Gliederfüßern, die für uns Menschen mit dem bloßen Auge nicht erkennbar sind. Manchmal finden sich auch andere tote Insekten oder auf abgestorbenen Pflanzenteilen sitzende zersetzende Tierchen auf ihrem Speiseplan. Vor allem auf Mauern, Felsen und am Boden gehen sie auf Nahrungssuche und ihre Beute verspeisen sie in der Regel bei lebendigem Leibe. Sie werden lediglich mit dem klebrigen Sekret betäubt. Die Langbeine zählen zu den Allesfressern. Trotz der Nachtaktivität ist die generelle Aktivität stark witterungasabhängig. Teilweise sind die Weberknechte auch am Tag zu sehen, dann aber in an geschützten Stellen in Ruhegemeinschaften. So werden auch sogenannte Überwinterungsgesellschaften gebildet, die bei der kleinsten Störung auseinander gehen können. Dabei können bis zu 70000 Tiere zusammenkommen. In der Regel treffen sich Weberknechte aber nur zur Paarungszeit und sind ansonsten alleine unterwegs.
Wie pflanzen sich Weberknechte fort?
Die Langbeine übertragen ihre Spermien auf direktem Wege. Männchen und Weibchen stehen sich mit den Vorderkörpern gegenüber und das Männchen führt den Penis durch die sogenannten Cheliceren (Kieferklauen) in den Genitalraum des Weibchens ein. Durch die Ausbildung der Chitinplatte werden die Geschlechtsöffnungen beider Geschlechter direkt unter den Mundraum verlagert. Dort entsteht dabei eine sogenannte Genitalkammer. Darin liegt ein bewegliches Rohr, welches erigierbar ist und von dem Weibchen zur Eiablage genutzt wird. Das Männchen nutzt dieses Rohr wiederum zur Begattung als Penis. Wenn das Weibchen die Eier ablegen möchte, sucht es sich kleine Löcher oder Spalten im Boden. Bei manchen Arten, die vor allem in Südamerika vorkommen, wurde sogar eine Form von Brutpflege beobachtet. Dabei hat das Männchen das Nest gebaut und die Eier, bzw. später die Jungtiere, vieler Weibchen bewacht. Mit all diesen Weibchen hatte er sich im Vorfeld gepaart. Das Weibchen kann nach der Befruchtung bis zu 500 Eier ablegen.
Wo ist der Weberknecht anzutreffen?
Vor allem in den lockeren Teilen von Hecken, Parks und Wiesen werden sie fündig. Teilweise finden sich die Weberknechte auch in extremen Biotopen und Ökosystemen. Deshalb sind die Langbeine manchmal auch in Mooren, Dünen oder Heiden anzutreffen. Weberknechte sind bis auf ganz wenige Ausnahmen nachtaktive Tiere und vor allem im Spätsommer in dichten Laubwäldern an feuchten Standorten nach längerer Trockenzeit zu beobachten. Aufgrund der vermehrten Abholzung der Wälder und der Zerstörung der kleinen Biotopen in Hecken und Büschen kommen die Langbeine häufiger in die Stadtregionen. Dadurch sind sie vor allem im Winter recht häufig in und an Häusern anzutreffen. Aufgrund dieser Urbanisierung sind inzwischen auch einige Arten gefährdet.
in einer Toilette in meinem Haus gibt es ca. 20 Weberknechte. Einige Weibchen haben im Moment Nachwuchs. Sie bilden zuerst einen „Haufen“ und verteilen dann alle „Kinder“ einzeln um sich herum, machen noch ein Spinngewebe und setzen sich in die Mitte um aufzupassen ? Sehr interessant.
Hallo Herr Niemeyer,
sind Sie sich sicher, dass es sich bei den Spinnentieren in der Toilette wirklich um Weberknechte handelt? Weberknechte besitzen nämlich keine Spinndrüsen und können somit auch keine Spinngewebe oder -netze herstellen. Das was Sie beschreiben kenne ich eher von der Großen Zitterspinne.
Viele Grüße
Enrico Lauterschlag