Mimikry bezeichnet die Fähigkeit einiger Tierarten bestimmte Eigenschaften wehrhafter Tiere nachzuahmen, um sich zu schützen. Dabei werden vor allem visuelle oder auditive Signale nachgeahmt. Es gibt aber auch Tiere, die können Gerüche nachahmen und so den Signalempfänger täuschen.
Häufige Varianten der Mimikry sind die Schutzmimikry und die Lockmimikry. Bei der Schutzmimikry wird durch die Nachahmung anderer Tiere versucht, potenzielle Fressfeinde abzuschrecken. Bei der Lockmimikry werden durch die Imitation der Vorbilder, Beute oder potenzielle Bestäuber angelockt.
Inhaltsverzeichnis
Das Prinzip der Nachahmung
Die bekannteste Form der Mimikry wurde vom englischen Naturforscher Henry Walter Bates beschrieben. Von Bates’sche Mimikry spricht man, wenn eine genießbare Beute auffällige Signale einer anderen ungenießbaren oder gefährlichen Beute nachahmt.
Damit die Schutzfunktion der Mimikry wirkt, muss der Jäger schon unangenehme Erfahrungen mit der ungenießbaren oder wehrhaften Beute gemacht hat. Ein Tier, das von einer Wespe gestochen wurde, wird jedes schwarz-gelb gestreifte Insekt meiden, auch wenn es nur eine harmlose Schwebfliege ist. In der Fachliteratur wird der Nachahmer als Signalgeber 2, die wehrhafte oder ungenießbare Art als Signalgeber 1 und der Räuber als Signalempfänger bezeichnet.
Mimikry funktioniert nur, wenn es wesentlich mehr wehrhafte Arten gibt als Nachahmer. Wäre es anders, wäre die Wahrscheinlichkeit zu groß, dass der Räuber die harmlose Art erwischt. Dann wäre die Tarnung sinnlos.
Es existieren noch andere, spezielle Arten von Mimikry, wie die Müller’sche Mimikry, die Mertens’sche Mimikry, die Peckham’sche Mimikry und die Molekulare Mimikry. Oft ist es für die Wissenschaftler nicht einfach, eine eindeutige Klassifizierung vorzunehmen. Deshalb schlagen einige vor, die Mimikry auf die Bates’sche Mimikry zu beschränken.
Der Nutzen der Mimikry
Mimikry ist im Tier- und Pflanzenreich häufig anzutreffen. Diejenigen Individuen, die ihren Vorbildern am Ähnlichsten sehen, werden am seltensten gefressen. Wenn die Nachahmer dann noch das Verhalten der wehrhaften Art kopieren, wird die Täuschung perfekt.
Die besten Nachahmer überleben, erzeugen mehr Nachkommen und geben ihre Gene mit den besseren Anpassungen an die nächste Generation weiter. So entstanden im Laufe der Evolution Lebewesen, die nicht verwandt sind, sich aber in Körperform, Farbe und Verhalten zum Verwechseln ähneln. Somit verschafft die Mimikry den harmlosen Arten einen wirkungsvollen Schutz vor Fressfeinden.
Mimikry vs. Mimese
Neben der Mimikry existiert auch die Mimese. Unter der Mimese versteht man die Fähigkeit einer Art sich in Gestalt, Aussehen und Verhalten an die belebte oder unbelebte Umwelt anzupassen, um sich zu tarnen und vor Fressfeinden schützen zu können.
Eine Abgrenzung zwischen diesen beiden Formen ist nicht immer einwandfrei möglich. Ob ein nachgeahmtes Signal als Mimikry oder als Mimese einzustufen ist, hängt stark von der Interpretation durch den Signalempfänger ab.
Beispiele für Mimikry
In der Natur gibt es unzählige Beispiele für die erfolgreiche Nachahmung anderer Arten. Dabei existiert die Mimikry nicht nur im Tierreich, sondern auch Pflanzen setzen auf das Prinzip Tarnen und Täuschen.
Nachahmung bei Insekten
Schwebfliegen sind ähnlich gefärbt wie Wespen oder Bienen, summen aber nicht beim Fliegen. Warum Schwebfliegen Wespen nicht besser kopieren, ist noch nicht genau geklärt. Einige Wissenschaftler meinen, dass Schwebfliegen versuchen gleich mehrere wehrhafte Tiere zu imitieren. Andere denken, dass sich der Schutz so auf mehrere Schwebfliegenarten ausdehnt. 2012 fanden kanadische Forscher heraus, dass es für kleine Schwebfliegen nicht notwendig ist, Wespen perfekt zu imitieren. Vögel suchen sich offenbar lieber größere Nahrung.
Käfer, wie der Wespenbock, kennen den Trick auch. Er sieht einer auf einem Blatt sitzenden Wespe zum Verwechseln ähnlich. Der Hornissen-Glasflügler sieht aus, wie eine respekteinflößende Hornisse. In Wirklichkeit ist er nur ein harmloser Schmetterling. Obwohl Hummeln nicht so wehrhaft sind, werden auch sie kopiert. Ein Schmetterling, der Hummelschwärmer, entpuppt sich hier als Nachahmer.
Imitation bei höheren Tieren
Bates’sche Mimikry gibt es nicht nur bei Insekten. Viele giftige Schlangen, Eidechsen und Kröten werden imitiert.
Unsere einheimische Blindschleiche sieht zwar aus wie eine Schlange, ist aber keine. Eigentlich ist sie eine Echsenart ohne Beine. Sehen Sie sich das Skelett einer Blindschleiche an. Deutlich sind an der Wirbelsäule Reste von Knochen im Schulter- und Beckenbereich zu sehen. Das waren einmal Vorder- und Hinterbeine, die sich zurückgebildet haben.
Ein wahrer Meister der Mimikry ist der südostasiatische Karnevalstintenfisch. Er kann sich in mehrere andere Tiere verwandeln. Innerhalb von Sekundenbruchteilen wird aus dem harmlosen Tintenfisch ein gefährlicher Feuerfisch, eine giftige Seeschlange, ein Stachelrochen, eine Schnecke oder eine Flunder.
Nachahmer setzen nicht nur auf optische Signale. Der Trauerdrongo, ein afrikanischer Sperlingsvogel, setzt zur Futtersuche akustische Signale ein. Greifvögel erbeuten oft Erdmännchen. Hören Erdmännchen Greifvögel rufen, flüchten sie in ihre unterirdischen Baue. Ihre eigene Beute, wie Würmer, Larven, Insekten bleiben unbeachtet draußen liegen. Der Trauerdrongo hat gelernt, daraus seinen Nutzen zu ziehen. Er ahmt die Rufe von Greifvögeln perfekt nach. Nachdem die Erdmännchen in ihren Bauen verschwunden sind, kann er sich über ihre liegengelassene Beute hermachen. Er hat einen eindeutigen Vorteil bei der Nahrungssuche.
Mimikry im Pflanzenreich
Auch Pflanzen passen sich an, um ihren Fressfeinden zu entgehen. Eine häufige Form ist die Blattmimikry. Hierbei bildet eine essbare Pflanze ihre Blätter in einer Form aus, die einer giftigen Pflanze ähneln.
Eine bekannte Pflanze, die Mimikry benutzt, ist die heimische Taubnessel. Sie ist leicht mit der Brennnessel zu verwechseln.
Im chilenischen Regenwald gibt es die Kletterpflanze Boquila trifoliolata. Sie kann die Blätter von drei verschiedenen ungenießbaren Bäumen imitieren. Damit schützt sie sich vor blätterfressenden Raupen und Käfern. Die Kletterpflanze nutzt pflanzliche Duftstoffe, die von den Bäumen der Umgebung abgegeben werden. So weiß sie, welche Bäume in der Nähe wachsen und kann sich anpassen.
Bei einer anderen Pflanze, Byttneria aculeata, sehen die Blätter immer verwelkt aus. Das wirkt auf Pflanzenfresser nicht gerade einladend und einige Passionsblumenarten täuschen Insekteneier auf ihren Blättern vor. Damit verhindern sie, dass Schmetterlinge ihre echten Eier dort ablegen. Aus den Eiern würden nämlich gefräßige Raupen schlüpfen.
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