Invasiv sind Arten, die sich in einem (zumeist neuen) Lebensraum massiv ausbreiten und dabei die bestehende Artenvielfalt zurückdrängen und bedrohen. Unter den Begriff invasive Art können praktisch alle Lebensformen fallen. Neben Pflanzen, Tieren, Bakterien, Pilzen und Viren kann auch der Mensch als eine der invasivsten Arten der Erde angesehen werden.
Meisten handelt es sich bei invasiv lebenden Arten um sogenannte „gebietsfremde Arten“ oder eingeschleppte Arten (Neozoen, Neophyten usw.). Unter bestimmten Voraussetzungen können auch heimische Arten invasiv werden.
Inhaltsverzeichnis
Wie entstehen invasive Arten?
Invasive Tier- oder Pflanzenarten können von außen in ein Gebiet eingeschleppt werden. Manchmal wird eine Art auch durch natürliche Wanderungen oder die Verdrängung aus den ursprünglichen Lebensräumen invasiv. Kommt ein Ökosystem aus dem Gleichgewicht, kann sich auch eine heimische Art plötzlich massiv ausbreiten und invasiv agieren.
Zu den invasiven Arten zählen beispielsweise auch viele Krankheitserreger wie Bakterien und Pilze. Die können in einem gewissen Rahmen völlig normal und harmlos sein. Kommt das Ökosystem Mensch oder ein Tier aus dem Gleichgewicht werden die Erreger plötzlich invasiv. Das bedeutet, sie breiten sich in einem Übermaß aus, besetzen ein Gebiet (den Körper) und schädigen es nachhaltig.
Bei den Neozoen und Neophyten werden Tiere oder Pflanzen aus dem Ausland eingeschleppt. Im neuen Ökosystem passiert dann folgendes:
- Die Art findet auf dem neuen Gebiet eine Lebensgrundlage. Sie lässt sich nieder und beginnt sich erfolgreich fortzupflanzen (etabliert sich).
- Die Art findet auf dem neuen Gebiet keine Lebensgrundlage und geht sofort oder nach ein bis zwei Generationen zugrunde.
Hat sich eine Art angesiedelt, sind wieder verschiedene Szenarien möglich:
- Die gebietsfremde Art reiht sich ins Ökosystem ein und harmoniert gewinnbringend mit dem Umfeld.
- Die neue Art besetzt eine Nische und kann sich in dieser ausbreiten, ohne andere dabei zu stören.
- Die Art wird invasiv, indem sie den bisher vorhandenen Lebewesen stark überlegen ist. Dann findet sozusagen die feindliche Übernahme eines Lebensraumes statt. Andere Arten werden geschädigt oder verdrängt.
Faktoren, die das Invasiv-Werden einer Art unterstützten sind:
- Das Fehlen von natürlichen Feinden und
- ein Überangebot an Nahrung
- ein kränkelndes oder schwaches Umfeld bzw. Ökosystem.
Wälder sind ein gutes Beispiel für die mögliche Ausbreitung heimischer Lebewesen als invasive Art. Durch sauren Regen oder Bodenvergiftung geschädigte Bäume werden invasiv von Pilzen, Käfern und anderen Insekten besiedelt, die die Zerstörung vorantreiben können.
Die Ausbreitungswege invasiver Arten
Die meisten invasiven Arten kommen über den Fernhandel zu uns nach Deutschland. Einige werden über den Tourismus eingeschleppt.
Als blinde Passagiere befinden sich invasive Arten in Laderäumen von Schiffen, Flugzeugen oder LKWs.
Kleine Tierarten, Insekten oder Pflanzensamen können an der Kleidung von Menschen haften oder sich im Gepäck verstecken.
Urlauber bringen gerne Samen oder Stecklinge ausländischer Pflanzen mit nach Europa. Das Mitbringen von Tieren ist in der Regel streng verboten bzw. unterliegt behördlichen Regelungen und muss angemeldet werden.
Bei manchen invasiven Arten machte man sich in der Vergangenheit auch einfach keine Gedanken über die Ausbreitung. Exotische Pflanzenarten wurden in Parks oder Gärten kultiviert und breiteten sich dann aus.
Einige fremde Wildtierarten wurden von Jägern ausgesetzt, um mehr Tiere für den Abschuss bereitzuhaben.
Natürliche Wanderungen spielen bei den stark invasiven Arten eine eher untergeordnete Rolle.
Das Bewusstsein um das Problem invasiver Arten hat erst in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Obwohl es das Problem schon immer gab. In der Neuen Welt haben eingeschleppte Katzen, Hunde oder auch die Kaninchen Australiens in den vergangenen Jahrhunderten massive Schäden angerichtet.
Der Buchsbaumzünsler – ein invasiver Schädling auf dem Vormarsch
Ein sehr anschauliches Beispiel für eine höchst-invasive Art ist der Buchsbaumzünsler. Er wurde 2006 vermutlich über den Schiffsweg und importierte Pflanzen von Asien nach Europa eingeschleppt.
Die ersten Sichtungen und Schäden entstanden in der Nähe großer Rheinhäfen in Gartencentern, Baumschulen und bei privaten Buchs-Gärtnern.
Als die Art auffiel, hatte sie sich schon so weit verbreitet, dass sie Fuß gefasst hatte.
Der Buchsbaumzünsler ist eine Falterart. Sie gilt als schwach giftig. Die gefräßigen Raupen standen zunächst nicht auf dem Speisezettel heimischer Vögel.
Dazu kommt die Beliebtheit der bevorzugten Nahrungsquelle in Europa: Buchs wird bei uns in vielen Gärten und Parkanlagen intensiv kultiviert. Das Nahrungsangebot war für den Buchsbaumzünsler also überwältigend.
Binnen Monaten und Jahren konnte er sich invasiv in ganz Mitteleuropa ausbreiten. Er schädigte Buchsbestände so stark, dass viele uralte Pflanzungen in Barockgärten oder Parkanlagen eingingen. Die Schäden belaufen sich auf mehrere Millionen Euro.
Da der Buchsbaumzünsler sein neues Habitat stark schädigt und seinen Wirt, den Buchs, vernichtet, gilt es eindeutig als invasiver Neozoon.
In Asien richtet der Schädling auch große Schäden an, kennt jedoch natürliche Fressfeinde. Inzwischen kam es doch vereinzelt zu Sichtungen von Vögeln, die Buchbaumzünsler-Raupen gefressen haben.
Das ist eine natürliche Anpassung des neuen Lebensraumes an eine invasiv agierende Art.
Weitere invasive Arten in Deutschland
Bei uns sind derzeit ca. 170 Tier- und Pflanzenarten bekannt, die als problematisch eingestuft werden. In der gesamten EU sollen derzeit etwa 12.000 Arten „gebietsfremd“ sein.
Allerdings sind nur 15 Prozent dieser eindringenden und wandernden Arten invasiv und damit schädlich für ihren neuen Lebensraum.
In Deutschland gelten die Pflanzen Riesenbärenklau und Drüsiges Springkraut als invasiv.
Beide Arten breiten sich massiv aus, werden nicht von heimischen Tieren gefressen, bringen kaum einen Nutzen für ihr neues Umfeld und verdrängen heimische Arten.
Der aus China stammende Götterbaum breitete sich nach dem Zweiten Weltkrieg intensiv aus. Innerhalb von Städten hält sich das Wachstum in Grenzen auf dem Lande dagegen überwuchert der große schlanke Baum schnell wertvolle Lebensräume und verdrängt kleinere Bäume und Büsche. In Österreich ist die Situation noch schlimmer als in Deutschland. Dort denk man allerdings schon über eine wirtschaftliche Nutzung des schnell wachsenden Götterbaumes nach.
Bei den Tieren stehen Bisamratten und Nutria unter besonderer Beobachtung. Beides sind gebietsfremde Arten, die aus ehemaligen Pelztierfarmen in die Freiheit gelangten. Aufgrund ihrer hohen Vermehrungsfähigkeit gelten sie als potenziell invasiv. Dasselbe gilt für den aus Nordamerika eingeschleppten possierlichen Waschbären. Seit den 1950er Jahren breitet er sich zunehmend aus und könnte bestehende Ökosysteme gefährden.
Statt die Tiere zu bekämpfen oder zu töten, denken Naturschützer über Kastrationsaktionen nach, um die weitere Ausbreitung einzudämmen. Das Füttern dieser Tiere ist zudem streng verboten.
Unter den Insekten-Schädlingen ist der asiatische Laubholzbockkäfer derzeit unter strenger Beobachtung. Kann er sich etablieren, wird er definitiv zu einer invasiven Art. Eingeschleppt wird er aus Asien. Seine Larven sitzen im Holz von Paletten oder in Stütz-Holz, das als Verpackung verwendet wird.
Der 2,5 bis 4 cm große Käfer greift, anders als heimische Baumschädlinge, auch völlig gesunde Bäume an und ist in der Lage diese vollständig zu vernichten.
Komplette Listen mit den derzeit bekannten invasiven Arten finden Sie u.a. beim:
Invasive Arten und die Folgen für Natur und Umwelt
Wie sich Ökosysteme, die unter dem Einfluss invasiver Arten stehen, entwickeln werden, kann nie sicher vorausgesagt werden.
Wie der Buchsbaumzünsler zeigt, reagiert neben dem Menschen auch die Natur selbst auf die Anwesenheit neuer Arten.
Potenziell invasive Arten müssen beobachtet und studiert werden, bevor geeignete Maßnahmen ergriffen werden können. Im Falle von schwer schädlichen eingeschleppten Arten sollte natürlich der Nachschub an Nachkömmlingen vermieden werden. Eindeutig invasive und schwer schädigende Arten müssen bekämpft werden, ohne dass das Ökosystem dadurch weitere Schäden nimmt.
In einer globalisierten Welt ist das aber nicht immer möglich.
Die Verbreitung neuer und fremder Arten sowie das Überhandnehmen einer Spezies innerhalb eines Lebensraumes hat es schon immer gegeben.
Nicht zuletzt ist der Mensch die größte und bedeutendste invasive Art dieser Erde.
Wir werden damit leben müssen, dass sich Habitate und Umwelt ständig verändern werden, so wie unser gesamtes Leben.
Die Empfindlichkeit gegenüber neuen und bedrohlichen Arten hat die letzten 50 Jahre enorm zugenommen. Schuld daran sind die allgemein zunehmende Umweltzerstörung und Angst um die Stabilität des Gesamt-Ökosystems Erde.
Krankheitserreger als invasive Arten
Bei den invasiven Arten dürfen Viren, Bakterien und schädliche Pilzarten nicht vergessen werden.
Eine schwer invasive Art, die momentan die ganze Welt in Bann hält, ist das Corona-Virus.
Auch heimische Bakterien- und Virenarten, die Krankheiten auslösen, gelten als invasiv. Normalerweise werden nur tödliche, stark lebensbedrohliche und sich massiv ausbreitende Bakterien, Viren und Pilze als invasiv bezeichnet.
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