Diese Fischchen leben nicht im Wasser: Zygentoma, so ihr wissenschaftlicher Name, sind bodenlebende Insekten. Sie nisten sich bei uns Menschen ein, denn in unseren Badezimmern, Küchen und Bibliotheken finden die flinken Gliederfüßer perfekte Lebensbedingungen vor. Sie sind zwar nicht gefährlich und übertragen auch keine Krankheiten, aber die winzigen Mitbewohner sind lästig und lösen Ekelgefühle aus. Ihr Hunger auf Zellulose macht einige Vertreter ihrer Art zur ernsthaften Gefahr für Tapeten, Akten und Bücher.
Inhaltsverzeichnis
Taxonomie und Systematik
Fischchen sind eine Ordnung der Insekten. Sie zählen zu den „Häutungstieren“ und gehören zum Stamm der „Gliederfüßer“ sowie zum Unterstamm der „Sechsfüßer“. Die flügellosen Insekten existieren bereits seit etwa 300 Millionen Jahren und gehören damit zu den ältesten Erdbewohnern überhaupt.
Bis heute sind etwa 470 Arten bekannt, die Biologen in fünf Familien gliedern: in Maindromiidae, Nicoletiidae, Lepismatidae und in die möglicherweise künstliche Gruppierung der Ateluridae. Mit über 200 Arten ist die Gruppe der Lepismatidae die artenreichste Familie der Fischchen. Prominenteste Vertreter dieser Familie sind die Silberfischchen und die Papierfischchen.
Urzeittier mit besonderer Begabung
Nicht nur, dass Fischchen wahre Überlebenskünstler sind – immerhin existieren sie seit Millionen von Jahren auf der Erde – sie besitzen auch eine im Tierreich überaus seltene Fähigkeit. Sie können Zellulose verdauen und verwerten. Dazu sind sonst nur einige Pilze und Bakterien fähig. So ernähren sich Silberfischchen und Papierfischchen mit Vorliebe von Papier oder Baumwolle; beides zellulosehaltige Materialien.
Aussehen
Es liegt auf der Hand, dass sich der Trivialname der Zygentoma direkt auf das äußere Erscheinungsbild dieser urtümlichen Insekten zurückführen lässt. Der längliche, abgeflachte Körper der Tiere erinnert optisch stark an einen Fisch. Zudem sind fast alle Fischchen von silbrigen Schuppen bedeckt. Auch ihre flinken Bewegungen erinnern an blitzschnell fortschwimmende Fische im Wasser.
Die meisten Fischchen-Arten sind mit 7 bis 15 Millimetern Länge sehr klein. Die in Portugal beheimatete „Squamatinia algharbica“ allerdings kann eine Gesamtlänge von stattlichen 10 Zentimetern erreichen. Damit ist diese Art das größte Insekt Europas, das unter der Erde lebt.
Der schräg nach vorne ausgerichtete Kopf der Fischchen ist mit kauenden Mundwerkzeugen und fast körperlangen Antennen ausgestattet. Die kleinen Komplexaugen besitzen nur wenige Einzelaugen. Bei dauerhaft unterirdisch lebenden Arten fehlen die Augen ganz. Ihr abgeflachter Körper ist gut erkennbar in Segmente unterteilt. Der Körperumriss erscheint jedoch glatt und geschlossen. Das gibt den Fischchen ihre spindelförmige Gestalt, die für alle Arten typisch ist. Der lang gezogene, schmal zulaufende Hinterleib endet in drei Schwanzfäden, den zwei äußeren „Cerci“ und dem mittleren „Terminalfilum“. Sie dienen dem Tier als mechanische Sinnesorgane und warnen vor herannahenden Feinden. Die glänzenden Schuppen, die insbesondere die Fischchen der großen Familie der Lepismatidae zieren, treten oft erst nach der dritten Häutung auf. Auch sie dienen den Insekten als berührungsempfindliche Sinneszellen.
Lebensraum und Ernährung der Fischchen
Zygentoma kommen hauptsächlich in den Tropen und Subtropen vor. Lediglich 6 der 470 Arten sind in Europa heimisch. Über die tatsächliche Anzahl der Zygentoma-Arten gibt es unterschiedliche Angaben. Manche Quellen sprechen von um die 350 Arten, andere von 470 Arten, wieder andere reden sogar von 500 verschiedenen Arten. Wie dem auch sei, in Europa konnten sich nur wenige Arten der nachtaktiven Urzeittierchen ansiedeln.
Die meisten heimischen Fischchen suchen die Nähe des Menschen. In Mitteleuropa lebt nur das Ameisenfischchen in der freien Natur, nämlich als Parasit in den Nestern von Ameisen. Alle anderen siedeln sich in menschlichen Behausungen an. Sie leben damit synanthrop, das heißt, sie haben sich an die menschliche Umgebung angepasst. Am bekanntesten ist sicherlich das Silberfischchen, auch Zuckergast genannt. Es bevorzugt warme, feuchte Räume und frisst mit Vorliebe Zucker, Stärke und organische Hinterlassenschaften des Menschen, etwa Schuppen und Haare. Ähnliches gilt für das Ofenfischchen, das gelegentlich in Bäckereien und anderen warmen Räumen anzutreffen ist. Das Umfeld muss für die Fischchen nicht zwingend feucht sein. Dank ihrer Fähigkeit, Wasser oder Wasserdampf mit ihrem Hinterleib aufzunehmen, überleben manche Fischchen-Arten in einer Umgebung mit weniger als 50 % Luftfeuchtigkeit. So richtig behaglich fühlen sich die Winzlinge jedoch bei einem Feuchtigkeitsgehalt der Luft von mindestens 80 %.
Die häufig vorkommenden Papierfischchen benötigen Wärme und leben bevorzugt dort, wo es Zellulose zu fressen gibt, zum Beispiel in Büchereien und Museen. Im Zuge des weltweiten Handels und des sich erwärmenden Klimas wurden weitere wärmeliebende Fischchen nach Nordeuropa eingeschleppt: das Kammfischchen und das Geisterfischchen. Beide Arten leben synanthrop.
Der Lebenszyklus der Zygentoma
Werden sie nicht vom Menschen in Klebefallen gelockt oder von Spinnen oder Ohrwürmern gefressen, erreichen Fischchen je nach Art ein Alter zwischen zwei und fünf Jahren. Kaum geschlüpft, ähneln die Larven im Körperbau und Verhalten so sehr erwachsenen Tieren, dass sie schlecht voneinander zu unterscheiden sind. In der Regel kommen beide Lebensstadien gleichzeitig in einem Lebensraum vor. Ohne den Umweg über ein Puppenstadium entwickeln sich die fertigen Tiere direkt aus der Larve. Anders, als bei fliegenden Insekten, häuten sich auch die erwachsenen Fischchen. Dies kann sehr häufig und in vergleichsweise kurzen Abständen geschehen. Ofenfischchen zum Beispiel häuten sich im Schnitt alle zehn Tage.
Fortpflanzung
Fischchen pflanzen sich ohne Paarung fort. Nimmt zum Beispiel ein Silberfischchen-Männchen ein fortpflanzungsfähiges Weibchen in seiner Nähe wahr, spinnt es ein Fadennetz und platziert darauf seine Spermienpakete. Dann führt es das weibliche Tier unter das Netz. Dort nimmt das Weibchen die Spermien mit ihrem Körper auf und befruchtet so ihre Eier. Nach der Befruchtung legt sie kleine Gelege mit insgesamt 50 bis 150 bräunlichen Eiern in Bodenritzen ab.
Einige Arten der Familie Nicoletiidae kommen ganz ohne Geschlechtspartner aus, sie pflanzen sich eingeschlechtlich fort.
Schadwirkung und Bekämpfung der Fischchen
Manchmal liegt die Einschätzung, ob ein Tier zu den Schädlingen zu zählen ist, im Auge des Betrachters. Wirklich großen Schaden anrichten können Fischchen nur, wenn sie in Massen auftreten, was selten vorkommt. Natürlich können die Insekten aus hygienischen Gründen nicht in lebensmittelrelevanten Betrieben geduldet werden. Auch Museen oder Büchereien haben Sorge, dass bei Fischchenbefall ihre Exponate leiden. Huscht uns morgens ein kleines Silberfischchen im Bad über den Weg, besteht jedoch kein Grund zur Panik. Im Gegenteil, Fischchen können durchaus als Nützlinge betrachtet werden. Sie fressen nämlich nicht nur gesundheitsschädliche Schimmelpilze, auch Hausstaubmilben stehen auf ihrem Speiseplan. Ist der Ekel vor den flinken Insekten jedoch zu groß, können Fischchen erfolgreich mit Klebefallen, Sprays und Köderdosen bekämpft werden. Wer nicht gleich zur chemischen Keule greifen will, kann versuchen, die Lästlinge mit Lavendel- oder Zitronenduft zu vertreiben. Darüber hinaus empfiehlt es sich, stets ausreichend zu lüften.
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