Sie kommen aus der Fremde und fühlen sich hier heimisch. Nicht nur Waschbär und Grauhörnchen, die wohl bekanntesten Vertreter der invasiven Arten, breiten sich in Deutschland aus. Unscheinbar und harmlos wie Fruchtfliegen wirken die invasiven Zweiflüglerarten. Doch sie können größeren Schaden anrichten als manch eine Nutria.
Inhaltsverzeichnis
Was sind invasive Tierarten überhaupt?
Tiere, die in Deutschland nicht heimisch waren, sich aber mehr und mehr ausbreiten, werden Neobiota genannt. Sie wurden entweder durch den globalen Warenhandel als „blinde Passagiere“ eingeschleppt oder in Pelztierfarmen, als exotische Haustiere oder in Zoos gehalten und sind von dort ausgebrochen. Nicht alle diese Tiere sind invasiv. Das werden sie erst, wenn durch ihre Ausbreitung Gefahren für Gesundheit, Landwirtschaft und Umwelt entstehen und wenn heimische Arten durch sie verdrängt werden.
Invasive Zweiflüglerarten
Zweiflüglerarten sind Mücken und Fliegen, deren zwei vordere Flügel stark ausgeprägt sind, während die hinteren beiden klein erscheinen und nur als „Schwingkölbchen“ in Erscheinung treten. In Deutschland sind etwa 1.000 Arten heimisch, weltweit rund 160.000. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der folgenden 6 Zweiflüglerarten liegt jedoch nicht in Deutschland.
Clogmia Albipunctata
Der Name der Familie der Clogmia Albipunctata klingt zunächst freundlich: Schmetterlingsmücken. Der deutsche Name Abortfliege, der für einige Vertreter dieser Familie verwendet wird, schon eher weniger. Clogmia Albipunctata, die weiß gepunktete Schmetterlingsfliege, ist nur rund fünf Millimeter groß, ihre Flügelspannweite beträgt rund sechs Millimeter. Dennoch zählt sie zu den großen Schmetterlingsmücken. Ihre ursprüngliche Heimat sind die Tropen und die Subtropen, doch inzwischen haben sie sich auf der ganzen Welt verbreitet. In Mitteleuropa lebt Clogmia Albipunctata vorwiegend in geheizten Gebäuden und damit eng mit dem Menschen zusammen. Sie leben in Abwasserrohren und ernähren sich von den dortigen Ablagerungen. Die Larven bleiben in den Rohren, bei ausgewachsenen Mücken kann es gelegentlich vorkommen, dass sie die Rohre verlassen und in den Häusern umherfliegen. In normalen Haushalten sind sie lästig, aber harmlos. Gefährlich werden sie nur in Krankenhäusern. Dort können sie leicht die Krankenhauskeime, die durch das Abwasser weggespült werden sollen, aufnehmen und verbreiten.
Kirschessigfliege
Die Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) stammt ursprünglich aus Südostasien. 2009 tauchte sie erstmals in Europa auf, 2011 zum ersten Mal in Deutschland. Die winzigen Fliegen sind nur zwischen zwei und drei Millimeter groß, wobei die Männchen ein wenig kleiner sind als die Weibchen. Doch sie können immensen Schaden anrichten. Anders als ihre Verwandten legen sie ihre Eier nicht in bereits geschädigte und faule Früchte ab. Das Weibchen ritzt mit ihrem scharf gezackten Legewerkzeug die Haut des Obstes an und legt ihre Eier in die Frucht. Dabei bevorzugt sie weichfleischige Früchte wie Kirschen, Himbeeren und Trauben. Äpfel und Birnen sind selten bis nie betroffen. Die befallenen Früchte sind ungenießbar und faulen langsam ab. In Spanien und Italien kam es teilweise zu Ernteausfällen von 100 Prozent. Erschwerend kommt hinzu, dass sich Kirschessigfliegen rasant vermehren. In einem Sommer können acht bis zehn Generationen heranwachsen. In den zunehmend milden Wintern können sie gut überleben. Probleme haben sie nur, wenn die Temperaturen auf über 30 Grad steigen, denn dann heizen sich die Früchte zu sehr auf und die Eier und Larven sterben.
Walnussfruchtfliege
Aus Nordamerika kam die Walnussfruchtfliege (Rhagoletis completa) nach Europa. Die Fliege ist rund acht Millimeter groß. Die Fliegen schlüpfen zwischen Juni und August, paaren sich und die Weibchen legen ihre Eier in die grüne Fruchtschale von Walnüssen ab. Die heranwachsenden Larven ernähren sich von dieser Schale, ehe sie sich nach rund vier Wochen zu Boden fallen lassen und in der Erde verpuppen. Erst im darauffolgenden Sommer werden sie schlüpfen. Die Fruchtschale wird während dieser vier Wochen schleimig und schwarz. Der innere Kern der Nuss nimmt dabei keinen Schaden, doch die schwarz gewordene Fruchtschale klebt meist so fest an der harten Schale der Nuss, dass sie nur schwer zu lösen ist. Für den erwerbsmäßigen Anbau von Schwarz- und Walnüssen kann dadurch erheblicher Schaden entstehen, denn die Nüsse können nicht auf herkömmliche Art gereinigt werden. In Kalifornien, dem Hauptanbaugebiet in den USA, kam es aus diesem Grund schon zu Ernteausfällen von 100 Prozent.
Asiatische Tigermücke
Die Heimat der Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus) sind die Tropen und die Subtropen, doch sie konnte sich in den letzten rund 30 Jahren weltweit ausbreiten. Die bis zu zehn Millimeter große Tigermücke ist schwarz und hat einen silbrigweißen Streifen auf dem Rücken. Ihre Größe richtet sich jedoch nach dem Jahresangebot und sie bleibt oft kleiner. So schön die Mücke aussieht, so gefährlich kann sie sein, denn die Stechmücke ist ein aggressiver Krankheitsüberträger, unter anderem für Denguefieber und Zika. Das kann sie nur, wenn die Krankheitserreger in der Gegend, in der sie lebt, vorkommen, doch auch diese Krankheiten breiten sich immer mehr aus. Hinzu kommt, dass sich die Asiatische Tigermücke das benötigte Eiweiß aus Blut sowohl von Menschen als auch von Tieren holt. Sie kann also auch Krankheiten von Tieren auf Menschen übertragen.
Asiatische Buschmücke
Ähnlich wie die Asiatische Tigermücke breitet sich auch die Asiatische Buschmücke Aedes japonicus immer weiter aus. Auch sie gilt als gefährliche Überträgerin von Krankheiten. Die ursprünglich aus Japan und China stammende Stechmücke ist auch äußerlich der Asiatischen Tigermücke ähnlich. im Gegensatz zu ihr ist sie jedoch braun gefärbt und hat kürzere Fühler. Sie gilt vor allem als Überträgerin des West-Nil-Virus, das mit Fieber und Grippesymptomen einhergeht und im schlimmsten Fall zur Hirnhautentzündung führen kann. Das Virus befällt hauptsächlich Vögel, doch auch die Asiatische Buschmücke kann sich Blut von Menschen und Tieren holen und ist somit ein Krankheitsüberträger von Tier zum Menschen und umgekehrt.
Koreanische Buschmücke
Die Koreanische Buschmücke Aedes koreicus kommt ursprünglich aus Korea, China und Russland. Auch sie ähnelt der Asiatischen Tigermücke, ist schwarz mit weißen Tupfen. In Deutschland wurde sie erstmals 2017 in Wiesbaden nachgewiesen. Seitdem sind weitere Populationen entdeckt worden. Dass sie gefährliche Krankheiten überträgt, konnte in Deutschland noch nicht belegt werden. In Russland wurde sie mit dem Übertragen des Herzwurms und des tropischen Fadenwurms sowie der Japanischen Enzephalitis in Zusammenhang gebracht.
Alle drei Mückenarten legen ihre Eier in Pfützen, Regentonnen, Blumenvasen und ähnliche mit Wasser gefüllte Behälter ab. Die Eier sind dabei, im Gegensatz zu den Eiern der einheimischen Arten, extrem widerstandsfähig. Selbst wenn die Pfütze austrocknen sollte, können die Eier Jahre überleben und sich weiterentwickeln, sobald es wieder feucht wird. Durch die zunehmend milden Winter können sie inzwischen auch die kalte Jahreszeit in Deutschland überstehen.
Welche Gefahren bestehen durch die invasiven Zweiflüglerarten für die Gesundheit und das Ökosystem?
Noch wurden in Deutschland keine schweren Krankheitsausbrüche nachgewiesen, die durch die drei asiatischen Stechmücken übertragen wurden. Doch Wissenschaftler warnen davor. Sie zu ignorieren. Durch den Klimawandel werden die Krankheitserreger auch hier gute Bedingungen vorfinden und sich ausbreiten. So ist zum Beispiel der Zika-Virus, der ursprünglich in tropischen Gebieten verbreitet war, inzwischen in Italien, Griechenland und Frankreich nachgewiesen worden und auch Infektionen mit dem West-Nil-Virus wurden bekannt.
Auf den ersten Blick mag Clogmia Albipunctata harmlos gegen die aggressiven Stechmücken wirken. Doch dadurch, dass sie vor allem in Krankenhäusern die Keime weitertragen, treffen sie vor allem Menschen, die sowieso schon schwach sind.
Kirschessigfliege und Walnussfruchtfliege? Das betrifft doch nur die Landwirte, oder? Nun, selbstverständlich haben Bauern und Winzer den größten Schaden durch den Befall. Doch auch die Verbraucher sind durch steigende Preise indirekt betroffen.
Welche Maßnahmen werden gegen die Verbreitung der invasiven Zweiflüglerarten unternommen?
Die Maßnahmen gegen die Verbreitung und für die Bekämpfung hängt von der Art der Zweiflüglerarten ab.
Am einfachsten ist wohl das Eindämmen von Clogmia Albipunctata. Hier ist es wichtig, dass die Abflussrohre regelmäßig gereinigt werden, damit sich die Schmetterlingsmücke nicht einnisten, vermehren und ausbreiten kann.
Walnussfruchtfliege und Kirschessigfliege richteten relativ überraschend großen Schaden an. Insektizide gegen sie gab es nicht oder waren in der EU nicht zugelassen. Es mussten erst Forschungen angestellt werden. In der Zwischenzeit werden sie oft mit Gelbfallen bekämpft. Wasserdurchlässige Folien verhindern, dass die Maden in den Boden eindringen und sich verpuppen können.
Das Umweltbundesamt rät beim Auftreten von asiatischen Mücken dazu, Wasserstellen wie Regentonnen mit einem engmaschigen Netz abzudecken und Gefäße wie Vogeltränken oder Gießkannen regelmäßig zu leeren, zu reinigen und umzudrehen, damit sie sich nicht mehr mit Wasser füllen können. Zuständig für die Anordnung von Bekämpfungsmaßnahmen sind die Gesundheitsämter der Landratsämter. Bekämpfungsmaßnahmen sind jedoch nur zwingend notwendig, wenn nachweislich gefährliche Krankheiten durch die Stechmücken übertragen wurden. Ob die Mücken bereits bekämpft werden, wenn sie in einem Gebiet auftauchen, liegt im Ermessen des Amtes, das aber die Kosten tragen muss und daher oft nicht gegen die invasiven Stechmücken vorgehen wird.
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