Eine Infektion mit Madenwürmern (Enterobius vermicularis) ist überaus lästig, oft langwierig, aber nur in seltenen Fällen von gravierenden gesundheitlichen Folgen begleitet. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit groß, sich mit einem Madenwurm zu infizieren. Ungefähr die Hälfte aller Deutschen sind mindesten einmal in ihrem Leben von Enteriobiasis, die durch Madenwürmern verursachte Krankheit, betroffen.
Dabei handelt es sich vor allem um Kleinkinder, aber auch bei Jugendlichen und Erwachsenen ist der Madenwurm häufige Ursache von körperlichen Beschwerden. Regionale oder soziale Unterschiede der Betroffenen spielen beim Befall keine Rolle. Die Beschwerden des mit Fug und Recht als „Volksleiden“ bezeichneten Madenwurmbefalls sind nicht selten mit irrationalen Schamgefühlen und Tabuisierungen verbunden.
Inhaltsverzeichnis
Das Aussehen der Madenwürmer
Wie bestimmte Amöben, Trichinen oder Spulwürmer zählen die gelegentlich auch „Aftermaden“ oder „Springwürmer“ genannten Madenwürmer (Enterobius vermicularis) zu den Darmparasiten. Die zum Tierreich-Stamm der Fadenwürmer (Nematoden) und dort zur Familie der Pfriemenschwänze (Oxyurida) gerechneten Angehörigen der Darmflora tauchen fast nur beim Menschen auf. Es sind nur wenige Fälle dokumentiert, bei denen Madenwürmer im Darm von in Tiergärten lebenden Menschenaffen nachgewiesen wurden. Die im Durchmesser kaum einen halben Millimeter messenden Madenwurm-Weibchen sind ausgewachsen maximal 1,5 cm lang. Die Männchen sind mit durchschnittlich 0,5 cm Länge wesentlich kleiner. Die Würmchen haben eine weißliche, leicht durchscheinende Farbe. Die dünnen Körper sind spindelförmig mit bei den Weibchen spitzigen und bei Männchen stumpfen Enden
Der Lebenszyklus und Infektionsweg
Kurz vor ihrem Tod legen Madenwurm-Weibchen mit ihrem spitzen Legeschwanzende jeweils bis zu 5000 Eier oder das Mehrfache davon im Analbereich rund um den Schließmuskel des Wirts ab. Die Form der nur unter dem Mikroskop erkennbaren Eier erinnert an die Form von Kaffeebohnen. Bei der Eiablage wird die empfindliche Haut der Afterregion massiv gereizt. Durch Fingerkontakt mit diesem Bereich (“Schmierfunktion“) gelangen dann am Finger haftende Würmer oft über den Mund in den Körper. Eier, die über die Finger an Spielzeug, Kleidung, Möbeln, Nahrungsmittel oder dergleichen verbracht worden sind, sind bis zu drei Wochen nach Eiablage infektiös. Sie können bei Kontakt ebenfalls oral aufgenommen werden. Ebenso ist die Ansteckung durch Einatmen infizierten Hausstaubs z. B. in Kita oder Schule nicht selten. Ferner ist es auch möglich, sich beim Ausschütteln von mit Eiern besetzten Textilien durch Einatmen zu infizieren.
Die in den Körper gelangten Eier wandern in die Zwölffingerabteilung des Dünndarmtrakts. Dort schlüpft noch am selben Tag eine Wurmlarve. Die pro Infektion oft mehrere hundert Exemplare zählenden Larven der Madenwürmer wandern weiter im Dünndarm. Dort vorzugsweise in Nähe des Blinddarms festgesaugt durchlaufen die Jungwürmer innerhalb von etwa 16 Tagen die verschiedenen Stadien bis zum erwachsenen Tier. Es kommt schließlich zum Paarungsakt der geschlechtsreifen Tiere. Danach sterben die Männchen ab. In den schließlich Dünndarm und Dickdarm bis zum Enddarm und Anus durchwandernden Weibchen reifen in den nächsten beiden Wochen die Eier. Madenwürmer ernähren sich als Parasiten vom Nahrungsbrei im Darm. Mit der meist in den Nachtstunden erfolgenden Eiablage erfüllt sich dann der Lebenskreis der Madenwürmer: Sie sterben und werden beim Stuhlgang ausgeschieden. Ob tatsächlich, wie gelegentlich behauptet, auch aus reifen Eiern am Anus Larven schlüpfen können, die dann direkt zurück in den Enddarm kriechen, ist ungeklärt. Da nicht alle Larven gleichzeitig schlüpfen und zudem nicht die exakt gleiche Lebenszeit haben, kann sich bei ständiger Re-Infektion eine lang andauernde, im Extremfall sogar ständige, Befallsituation herausbilden.
Das Verbreitungsgebiet der Madenwürmer
Geografische Hauptverbreitungsgebiete der weltweit auftretenden Madenwürmer sind Europa und angrenzende asiatische Regionen mit gemäßigten Klimaverhältnissen. Bei den Wurmerkrankungen nimmt Enteriobiasis in Europa den Spitzenplatz ein.
Madenwürmer in medizinischer Hinsicht
Typisch für die Beschwerden bei Madenwurmbefall ist der als oft schier unerträglich empfundene Juckreiz im Analbereich. Insbesondere Kinder können diesem Juckreiz oft nicht widerstehen und kratzen sich entsprechend mit ihren Fingern. Durch das Kratzen können die empfindlichen Hautpartien zusätzlich gereizt oder sogar verletzt werden. Werden die so entstandenen Verletzungen nicht ausreichend behandelt, kann es in diesem von Fäkalbakterien und anderen Mikroorganismen in besonderer Konzentration betroffenen Bereich zu Entzündungen kommen. Analekzeme sind in diesem Zusammenhang häufige Folgeerscheinungen. Nicht behandelter Madenwurmbefall kann bei Kleinkindern zu Entwicklungsstörungen führen. Die nächtliche Störung durch den Juckreiz führt zudem zu Schlafdefiziten und damit verbundene Konzentrationsprobleme. In Einzelfällen kann der Befall mit Madenwürmern Durchfall, Bauchweh und sogar Blinddarmentzündungen, Gebärmutter-, Eileiter-, Vagina- oder Blasenproblematiken auslösen.
Medizinische Behandlungsmethoden bei einem Madenwurmbefall
Bei Madenwurmbefall ist stets der Gang zur Arztpraxis angezeigt. Zumal die Wurmbefall-Symptome auch anderen Wurmarten als den relativ harmlosen Madenwürmern zugeordnet sein könnten. Ein Verzicht auf den Arztbesuch aus falsch verstandener und sachlich auch nicht begründbarerer Scham kann unter Umständen schwerwiegende Folgen, wie z. B. bei Bandwurmbefall, haben. Madenwurmbefall ist oft leicht erkennbar durch die abgestorbenen oder noch lebenden („winkenden“) Würmer im Kot. Der Nachweis von Eiern kann durch Klebestreifen am After erbracht werden.
In den meisten Fällen wird bei der Diagnose „Madenwurmbefall“ die Einnahme eines Wurmmittels (Anthelminthikum) verordnet. Als besonders effektiv haben sich unter anderem Medikamente mit dem Wirkstoff Mebendazol bewährt. Dieser Wirkstoff stört den Zellteilungsprozess im Wurmkörper und führt so zum Absterben der Madenwürmer. Die Einnahme des Anthelminthikums sollte in der Regel zwei Wochen später wiederholt werden. Treten nach einer solchen Wurmkur in den nächsten ein bis drei Monaten keine neuen Symptome auf, kann vom Ende der Wurminfektion ausgegangen werden. Es wird allgemein empfohlen, dass nicht nur die eindeutig vom Madenwurmbefall Betroffenen, sondern auch alle mit ihnen eng zusammenlebenden Menschen, z. B. Familienangehörige , eine entsprechende Wurmkur machen, um eventuell unentdeckte Infektionen zu bekämpfen und so eine Re-Infektion im betreffenden Sozialkreis zu verhindern.
Dem Juckreiz wird oft dem Auftragen von Salben wie bestimmten Hämorrhoidenmitteln begegnet.
Hausmittel bei Madenwürmern
Neben der Gabe von Medikamenten wird gelegentlich auch die Anwendung etlicher Hausmittel empfohlen, deren tatsächliche Wirksamkeit beziehungsweise eventuelle Schädlichkeit aber in der Fachwelt umstritten sind. Deshalb können sie seriös ohne Nachfrage beim Arzt nicht empfohlen werden. Zu diesen Hausmitteln gehören zunächst einmal bestimmte Lebensmittel, die angeblich die Entwicklung der Madenwürmer im Darm stören. Pampelmusen- und Weißkohlsaft sowie Kokosöl, aber auch in große Portionen Ananas, Rhabarber und Karotten werden Anti-Wurm-Wirkung zugeschrieben. Weit verbreitet ist ferner der Einsatz von Knoblauch. Sowohl als Getränkebestandteil wie als auf Basis von Knoblauchsud angewandter Einlauf wird der geruchsintensiven Lauchpflanze Anti-Madenwurm-Qualität zugesprochen. Eine sehr spezielle Empfehlung bezieht sich auf die Anwendung von kolloidalem Silber. Nicht nur oral eingenommen sollen die extrem feinen Silberpartikel Madenwürmern das kurze Leben angeblich schwer machen, sondern auch als Auftragemittel im Rektalbereich.
Maßnahmen zur Vorbeugung eines Madenwurmbefalls
Das A und O als Maßnahme bei Madenwurmbefall zur Vorbeugung eines erneuten Wurmzyklus durch Schmierinfektion oder Einatmen ist peinliche Sauberkeit und Hygiene. Fingerkontakt mit dem Analbereich sollte verhindert werden. Allerdings wäre die Einhaltung eines solchen Gebots bei Kleinkindern wohl nur durch unrealistische Dauerüberwachung garantiert. Deshalb sollte vor allem darauf geachtet werden, dass die Hände stets sauber und die Fingernägel kurzgeschnitten sind. Auch sollte die Bettwäsche möglichst täglich gewechselt werden.
Madenwürmer in der Geschichte
Die Medizinhistoriker gehen davon aus, dass der bereits für die Zeit von vor 12.000 Jahren nachweisbare Madenwurm den Menschen seit Urzeiten als Darmparasit allgemein bekannt war. So ist in einem Fund in Utah ein etwa 10.000 Jahre alter, versteinerter Madenwurm gefunden worden. In antiken griechischen Schriften wurde die Behandlung des „Ascaris“ genannten Eingeweidewurms durch abführende Mittel empfohlen. Der schwedische Naturforscher Carl von Linné klassifizierte den Madenwurm im 18.Jahrhundert noch als Spulwurm (Ascaris vermicularis). Dem als „Wurm-Doktor“ bekannten Wiener Parasitologen Johann Gottfried Bremser ist es zu verdanken, dass der Madenwurm um 1820 als Oxyuris vermicularis („Spitzschwanzwürmchen“) exakter definiert wurde.
Mit der Entwicklung des in den 1940er Jahren entwickelten Wirkstoffes Piperazin kam dann ein effektives Anti-Wurm-Medikament auf den Markt, dass später von den heute üblichen verträglicheren Mitteln abgelöst worden ist.
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