Der Bierschnegel (Limacus flavus) ist eine Nacktschnecke aus der Familie der Schnegel. Früher konnte man diese Art häufig in Brauereikellern antreffen, wo sie sich von Abfällen aus der Bierproduktion ernährte. Da die industrielle Bierherstellung metallene Biertanks verwendet und auf moderne Hygienemaßnahmen setzt, steht der Bierschnegel heute auf der Roten Liste der gefährdeten Arten.
Erfahren Sie in diesem Artikel mehr über das Aussehen, den Lebensraum, die Lebensweise, die natürlichen Feinde und die Fortpflanzung des Bierschnegels.
Inhaltsverzeichnis
Das Aussehen der Bierschnegel
Der ausgewachsene Bierschnegel erreicht ausgestreckt eine Körperlänge von 80 bis 120 mm, maximal bis 150 mm. Die Körperfarbe ist grau- bis olivgrün oder gelblich-braun. Der runde Rücken ist von dem für Nacktschnecken typischen Mantelschild bedeckt. Der Mantelschild erstreckt sich über fast 20 % der gesamten Körperlänge der Schnecke. Sowohl Rücken als auch Mantelschild sind von helleren, manchmal orange bis olivgrünen Flecken bedeckt. Die Fühler des Bierschnegels haben eine blaue bis blaugraue Farbe, seine Fußsohle ist cremefarben bis Olivgrün. Der Körperschleim der Nacktschnecke ist von gelblicher Farbe, der Sohlenschleim farblos. Bierschnegel sind von anderen Nacktschneckenarten leicht zu unterscheiden. Sie haben einen auffällig langen Penis, der ungefähr 1/6 der gesamten Körperlänge der Schnecke einnimmt.
Das Verbreitungsgebiet und der Lebensraum
Aus seiner ursprünglichen Heimat in Südeuropa ist der Bierschnegel durch den Menschen in fast alle gemäßigten Regionen in Vorderasien, Mittel- und Nordeuropa und auch nach Nord- und Mittelamerika gelangt. Er hält sich vorwiegend in Gullys, Schächten, Abwasserkanälen und feuchten Kellern auf, weswegen er auch Kellerschnecke genannt wird. Des Weiteren findet man ihn in Garagen, Gewächshäusern oder Obst- und Gemüselagern. Er lebt aber auch im Freien, z. B. in Komposthaufen, auf Bruchsteinmauern, in Gartenanlagen und Parks.
Die Lebensweise und Ernährung
Bierschlegel sind ausschließlich dämmerungs- bzw. nachtaktive Tiere, die den Tag versteckt an geschützten Stellen verbringen. Sie verbergen sich gerne in Baumhöhlen, unter totem Holz oder Rinden. Die Schnecken sind schwer zu entdecken und verraten sich eigentlich nur durch getrocknete Schleimspuren die sie beim Kriechen auf dem Boden oder auf Pflanzen hinterlassen. Die normale Lebenserwartung der Bierschnegel beträgt 2½ bis 3 Jahre. Die Schnecken bevorzugen Orte, an denen Menschen wohnen. Sie benötigen stärkehaltige Nahrung. Als Kulturfolger des Menschen galt der Bierschnegel schon immer als Vorratsschädling, da er vorzugsweise über die in Kellern gelagerten Karotten, Rüben, Kartoffeln und Blumenzwiebeln herfiel. Im Freien ernährt er sich auch von der äußeren Schicht von Bäumen (Borken) sowie abgestorbener Vegetation. Interessanterweise frisst der Bierschnegel auch gerne Hundekot.
Die Fortpflanzung der Bierschnegel
Der Bierschnegel ist ein Zwitter, das heißt, er kann sich mit jedem Artgenossen paaren. Bierschnegel erreichen mit 9 – 11 Monaten ihre Geschlechtsreife. Erste Eiablagen erfolgen dann mit 10 – 13 Monaten. Die Tiere sind immer paarungsbereit. Im Freien paaren sie sich aber überwiegend nur im Sommer, in feuchtwarmen Kellern hingegen das ganze Jahr über. Der Paarungsakt beginnt damit, dass ein Bierschnegel einen anderen verfolgt und dabei dessen Schwanzspitze leckt. Die ständigen Liebkosungen stimulieren den Geschlechtstrieb der Schnecke. Wenn sie nun paarungswillig ist, dreht sich die vordere Schnecke um und bildet mit der sie verfolgenden Schnecke einen Kreis. Manchmal legen sich die Körper der Schnecken auch längsseits aneinander. Dann beginnt der Paarungsakt. Die Atrien (Geschlechtsvorhöfe) sind jetzt als helle Kreise gut sichtbar, während die Penisse hervorquellen. Zur weiteren Stimulierung benagt und beleckt man sich gegenseitig. Wenn die Geschlechtsöffnungen der Partner dicht nebeneinanderliegen, fahren die Penisse weiter aus und umwickeln sich. Bevor sie ihre maximale Länge erreicht haben, wandern die Spermapakete zu den Spitzen der Penisse. Die Spermapakete treten aus und heften sich an die Spitze des jeweils anderen Penis. Danach werden die Penisse wieder eingezogen und die Tiere trennen wieder voneinander. Der ganze Paarungsakt dauert insgesamt nur 7 Minuten, der Geschlechtsakt (Kopulation) selbst nur ca. 30 Sekunden. Etwa 2 bis 3 Wochen nach dem Paarungsakt beginnen die Tiere mit der Eiablage. Die Eier werden in Ritzen, Spalten und Löchern geschützt abgelegt. Pro Gelege werden abhängig vom Alter und Ernährungszustand der Muttertiere dabei bis zu 80 Eier abgelegt, im Durchschnitt aber nur 20 bis 50 Eier. Die gelblich-braunen, ansonsten aber wasserklaren Eier haben eine elliptische Form und sind normalerweise zwischen 6 und 8 mm × 4 bis 5 mm groß. Die Eier sind durch Schleimzipfel an ihren Polen wie mit einer Schnur miteinander verbunden. Bei hohen Temperaturen schlüpfen die Jungtiere nach 23 bis 27 Tagen. Bei kühleren Temperaturen kann dieser Vorgang auch zwischen 30 und 34 Tagen, oder sogar 43 bis 47 Tagen andauern. Erfolgt die Eiablage im Herbst, so überwintern die Eier. Die Jungschnecken schlüpfen dann erst im Frühjahr des kommenden Jahres. Auch unter normalen Bedingungen schlüpfen die Jungtiere in der Regel nicht alle gleichzeitig, sondern phasenweise. Die geschlüpften Jungtiere sind ca. 10-12 mm lang und 2 mm breit. Sie haben anfangs, eine weißlich gelbe Körperfarbe und dunkle Fühler. Innerhalb weniger Tage wechselt ihre Körperfarbe dann zu der grau- bis olivgrün oder gelblich-braunen Farbe der erwachsenen Schnecken.
Die natürlichen Feinde der Bierschnegel
Schnecken haben generell viele Fressfeinde in der Tierwelt. Erwachsene Schnecken werden von Igeln, Spitzmäusen, Kröten, Blindschleichen aber auch zahlreichen Vögel verfolgt und gefressen. Um die Gelege und Jungtiere der Schnecken kümmern sich Hundertfüßer, Laufkäfer und deren Larven sowie Glühwürmchen und deren Larven. Doch nicht so bei Nacktschnecken wie dem Bierschnegel.
Kommt dieser Schneckenart ein Feind zu nahe oder wird sie angegriffen, sondern sie eine große Menge übel schmeckenden Schleim ab, da vergeht den meisten Angreifern der Appetit. Der zähe Schleim kann Vögeln sogar den Schnabel verkleben. Das rettet den Bierschnegel oft vor dem Gefressenwerden. Doch nicht immer. Amseln haben eine eigene Strategie gegen den Schleim entwickelt. Es wurde beobachtet wie die Amseln Nacktschnecken so lange im Gras hin und her strichen bis der Schleim abgerieben war und sich die Delikatesse anschließend schmecken ließen.
Das interessiert den Bierschnegel aber weniger, da er sich nur selten im Freien aufhält und meistens auch nur nachts unterwegs ist. Die Schneckenart ist ungiftig und für Menschen völlig ungefährlich.
Die Gefährdung der Bierschnegel
Der Bierschnegel hat eine ganz besondere Neigung. Er liebt Bier und wird vom Biergeruch unweigerlich angezogen. Aufgrund dieser Bierleidenschaft war die Art einfach zu fangen, indem abends Schälchen mit Bier aufgestellt wurden. Am frühen Morgen konnte man die rund um das Bier versammelten Schnecken dann einsammeln. Doch heutzutage sind die meisten Vorkommen dieser Schneckenart in Deutschland durch anhaltenden Rückgang auf eine bedrohliche bis kritische Größe zusammengeschmolzen. Der Bierschnegel wird nur noch vereinzelt gefunden. Meistens sind es Zufallsfunde. Vor einigen Jahren glaubte man noch der Bierschnegel wäre in Deutschland ausgestorben. Doch im Jahr 2004 wurde die Schneckenart in der niedersächsischen Bierstadt Einbeck aufgefunden. Des Weiteren in den Gemeinden Alfeld, Lamspringe und Goslar. In Goslar wird noch heute das berühmte Gose Bier gebraut. In der Stadt gibt es mehrere Bierbrauereien. Kein Wunder, das hier auch der Bierschnegel vorkommt. Zwei weitere Exemplare wurden in Salzgitter gesichtet, jeweils ein Exemplar in Braunschweig, Gifhorn, Wolfsburg, Wolfenbüttel und Schöningen. Auch in der alten Bierstadt Königslutter gibt es noch Vertreter der Schneckenart. Hier sollen sie sogar häufig vorkommen, da die Schnecken in den dort noch vorhandenen alten Natursteinmauern gute Verstecke finden. Im Sommer 2015 wurden auch zwei lebende Exemplare in Sankt Pauli gesichtet, die dort an Lüftungsschächten herumkrochen. 2016 wurde ein weiteres Exemplar in der Nähe des städtischen Zoos ebenfalls an einem Lüftungsschacht gefunden. Danach gab es noch mehrere Sichtungen in Deutschlands Hauptstadt Berlin. Auch in Oldenburg wurden 2018 am Gertrudenfriedhof Bierschnegel gesichtet. Rund ein Dutzend dieser angeblich ausgestorbenen Nacktschneckenart waren hier nachts unterwegs. Weitere Sichtungen erfolgten im Jahr 2019 in Hannover. Hier war im August 2019 die Leiterin der ökologischen NABU-Station am Abend noch unterwegs, als sie an einer Hauswand am Lutherkirchplatz, eine Nacktschnecke entdeckte. Die typisch gelbliche Körperfarbe und die blauen Fühler ließen keinen anderen Schluss zu. Hier war ein Bierschnegel unterwegs. All diese, wenn auch Zufallsfunde, lassen die Schlussfolgerung zu, dass der Bierschnegel vielleicht doch nicht so gefährdet ist, wie bisher immer angenommen wurde. Diese trotzdem eher seltenen Sichtungen sind vielleicht auch auf seine versteckte Lebensweise zurückzuführen. Tagsüber ist diese heimliche Schneckenart so gut wie nie zu sehen. Trotzdem, sollte der Bierschnegel aber auch weiterhin als bedrohte Art eingestuft bleiben, da seine typischen Lebensräume immer mehr schwinden.
Hallo,
ich habe seit letztem Jahr Bierschnegel in meinem Garten. Dieses Jahr warens sogar sehr viele. Ich wusste nicht, was für Nacktschnecken das sind, da ich sie vorher und sonst noch nie irgendwo gesehen habe. Da ich auch massig rote Schnecken hatte, die mir alles weggefressen haben, was ich ausgesät habe, habe ich alle entfernt und in den Wald in der Nähe gebracht. Wochenlang, jeden Tag. Dann hätte ich es leider satt und das erste mal ineinem Leben Schneckenkorn verteilt. Das mit EisengedönsIII…
Jetzt hab ich wieder ein Gelege gefunden und wollte doch Mal forschen, was für welche das sind und entdeckt, dass sie auf der roten Liste stehen und meinen Pflänzchen gar nichts tun.
Muss/Soll ich den Fund irgendwo melden?
Hoffentlich habe ich nicht schon alle getötet🙈
Ich hab das jetzt gefundene Gelege jedenfalls in Sicherheit gebracht.
LG E. Plener
Hallo Frau Plener,
den Fund müssen Sie nicht melden. Zukünftig können Sie aber vielleicht dafür sorgen, dass es dem Bierschnegel in Ihrem Garten an nichts fehlt oder zumindest die Schnecke einfach gewähren lassen. In meinem Garten entdecke ich immer mal wieder einen Tigerschnegel. Ich freue mich dann immer und lass ihn und seine Eier einfach in Ruhe. Die Tiere wissen sicher selbst am besten, was sie brauchen und wo es ihnen gut geht.
Viele Grüße
Enrico Lauterschlag