Das Tagpfauenauge (Aglais io) ist ein Tagfalter aus der Familie der Edelfalter. Es zählt zu den bekanntesten Schmetterlingen Deutschlands und ist neben dem Kleinen Fuchs auch einer der häufigsten Vertretern.
Erfahren Sie in diesem Artenprotrait mehr über das Aussehen, den Lebensraum, die Lebensweise, die Fortpflanzung und die Gefährdung des Tagpfauenauges.
Inhaltsverzeichnis
Das Aussehen des Tagpfauenauges
Das Tagpfauenauge ist mit einer Flügelspannweite von 5 bis 7 cm einer unserer größten Schmetterlinge. Unter guten Bedingungen hat es im ausgewachsenen Stadium eine Lebenserwartung von etwa sechs Monaten und verschönert mit seinen leuchtenden Farben jede Vegetation. Die rotbraunen Flügel zeigen auf ihrer Oberseite jeweils einen Fleck, groß, rund und leuchtend, der wie ein Auge wirkt und deshalb auch so bezeichnet wird. Die Augen der vorderen Flügel zeigen ein farbliches Zusammenspiel von schwarz, braun, blau, hellgelb und weiß, während die Augen der hinteren Flügel schwarz und blau gefärbt sind, mit heller, gelblicher Umrandung.
Der Lebensraum und die Lebensweise
Tagpfauenaugen sind in Europa, auf den meisten größeren Mittelmeerinseln und auch in Japan und Asien beheimatet. Sie sind vor allem in Parks, an Waldrändern sowie in Gärten anzutreffen. Besonders zahlreich treten sie in Gegenden auf, wo viele Blütenpflanzen und möglichst große Brennnesseln wachsen.
Doch schon seit Jahren müssen sie unter den insektenfeindlichen, pestizidbelasteten Monokulturen im landwirtschaftlichen Bereich leiden. Hinzu kommt die Klimaveränderung. Um ihre Art weiterhin zu erhalten, sorgen sie mittlerweile regelmäßig zweimal im Jahr für Nachwuchs. Vorher zeigten sie dieses Verhalten nur in wärmeren Gegenden, allerdings nicht regelmäßig. Ihre Fähigkeit, Klimaveränderungen wahrzunehmen und eine Überlebensstrategie zu entwickeln, hat dazu geführt, dass das Tagpfauenauge zum Schmetterling des Jahres 2009 gekürt wurde. Die Initiatoren (die BUND NRW Naturschutzstiftung und die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen e. V.) wollten damit auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam zu machen.
Die Überwinterung
Das Tagpfauenauge gehört zu den Insekten, die im „Erwachsenen-Stadium“ überwintern. Zum Schutz vor Kälte und Nässe, verkriecht es sich in Schlupfwinkel von beispielsweise Scheunen, Kellerräumen oder Dachböden. Auf den Dachböden kann es nur überleben, wenn dort eine gewisse Luftfeuchtigkeit herrscht, ansonsten besteht die Gefahr, dass es vertrocknet. Im Winterdomizil fährt es seinen Stoffwechsel fast komplett herunter und verharrt regungslos mit zusammengefalteten Flügeln, bis der Winter vorüber ist.
Die Ernährung
Sobald die Temperaturen es zulassen, meist ab März, verlässt das Tagpfauenauge sein Winterquartier. Die kuscheligen Weidenkätzchen gehören zu seinen ersten nachwinterlichen Nahrungsquellen. Auch Nektar und Blütenpollen früh blühender Pflanzen wie Huflattich, Schlehenblüten und Veilchen stehen auf seinem Speisezettel. Nach jeder Mahlzeit trägt es die Pollen weiter und sorgt so für die Bestäubung der Pflanzen und Hölzer.
Ab Juli schlüpfen die Tagpfauenaugen der ersten Generation. Sie sind meist an rot bis blauviolett blühenden Pflanzen zu sehen, wie den Disteln und häufig besuchen sie den Sommerflieder (Buddleja davidii), der deshalb auch als Schmetterlingsstrauch bezeichnet wird. Ebenso schmackhaft finden sie die Gewürzkräuter Lavendel, Salbei und Thymian.
Ein Tipp für diejenigen, die keinen Garten haben:
Diese Gewürzkräuter machen sich hervorragend auf dem Balkon oder auf der Fensterbank und ziehen viele bunte Schmetterlingsarten an.
Die zweite Tagpfauenauge-Generation schlüpft während der Zeit zwischen Spätsommer und Herbst. Im Herbst ändert sich ihr Essverhalten. Sie wenden sich nun auch Beeren und überreifen Früchten zu.
Die Fortpflanzung des Tagpfauenauges
Die Fortpflanzung erfolgt nach einem Ritual. Sobald der Winter vorbei ist, stecken die Tagpfauenaugenmännchen am Waldrand ihr Werbungsrevier ab, warten auf die Tagpfauenaugenweibchen und patrouillieren vor ihrem abgesteckten Revier hin und her. Sobald ein Weibchen am Waldrand entlangfliegt, wird es bedrängt. Dabei kommt es auch zu kleinen Kämpfen (Luftkämpfen) zwischen den paarungswilligen männlichen Edelfaltern. Nicht zuletzt, weil die Männchen nicht viel kleiner sind als die Weibchen und so die Männchen auch schon mal einem männlichen Tagpfauenauge nachstellen.
Nach der Schmetterlingshochzeit legt das Weibchen zwischen 50 und 200 Eier an der Unterseite von Brennnessel-Blättern ab, vorzugsweise an sonnigen und windgeschützten Standorten. Nach etwa zwei Wochen schlüpfen die Raupen aus den circa 1 mm großen Eiern und bleiben auf der Brennnessel-Kolonie, die ihre Hauptnahrungsquelle darstellt. Dort leben sie als Gemeinschaft in großen, gesponnenen Nestern, die aus Gespinsten bestehen, mit denen die Raupen ihren Bereich der Brennnesselpflanzen überziehen. Diese Gespinste bilden die Raupen mithilfe ihrer Spinndrüsen. Anfangs sind die Raupen winzig und haben schwarze Köpfchen und eine grünliche Färbung. Sie fressen ausschließlich und ununterbrochen an den Brennnesselblättern, was dem Tagpfauenauge den Beinamen Brennnesselfalter bescherte. Wenn die Raupen wachsen, müssen sie sich häuten, denn ihre Haut enthält Chitin und wächst nicht mit. Nach dem ersten Häuten ändert sich die Farbe in helles graubraun. Während drei bis vier Wochen häuten sich die Raupen mehrmals und verändern dabei ihre Farbe. Ausgewachsen sind sie leuchtend schwarz mit weißen Punkten, haben schwarze, weiche Dornen und bestehen nur aus Kopf und Leib. Der Kopf ist ausgebildet mit Kauwerkzeugen, Tast- und Riechorganen, den Spinndrüsen und mit einigen Punktaugen. Am Leib befinden sich acht Beinpaare. Mit den mittig unterhalb des Leibbereichs befindlichen vier Beinpaaren, die mit feinen Häkchen besetzt sind, können sie sich festhalten. Drei Beinpaare befinden sich dort, wo nach dem Schlüpfen die Beine des Schmetterlings sind und ein Paar (als Nachschieber bezeichnet) befindet sich am hinteren Ende.
Sind die Raupen bereit, sich in Sturzpuppen zu verändern, verlassen sie die Gemeinschaft. Zum Verpuppen hängen sie sich mit dem Nachschieber, dessen Haltekraft durch einige Spinnfäden verstärkt wird, Kopf nach unten an Stängel oder Blätter. Nach etwa zwei Tagen streift die Puppe die Raupenhaut ab und eine anfangs hellgrüne Puppe hängt kopfüber etwa zwei bis drei Wochen im Puppenstadium. Ihre Farbe ändert sich zwischenzeitlich von hellgrün über graugrün zu braun, während sich in der Puppenhülle das Tagpfauenauge entwickelt. Aufmerksame Beobachter können zum Ende hin die Flügelumrisse des Falters erkennen.
Nachdem das Tagpfauenauge die Puppenhülle durchbrochen hat, zwängt es sich aus der Hülle. Hat es das geschafft, pumpt es erst einmal seine Flügel auf, indem es Körperflüssigkeit in die Flügeladern drückt. Haben die Flügel ihre volle Größe erreicht, müssen sie trocknen. Damit sie fest werden können, fließt Flüssigkeit wieder aus den Flügeladern zurück. Danach ruht das Tagpfauenauge einige Stunden. Bevor es startet, befreit es sich von der überschüssigen Flüssigkeit und damit von den Abfallstoffen aus der Umwandlung von der Puppe zum Edelfalter.
Die Fressfeinde des Tagpfauenauges
Auch wenn der Edelfalter im Erwachsenen-Stadium durch die dunkelgrau-schwarze Tarnfärbung an der Unterseite der Flügel wie ein trockenes Blatt wirkt und nicht direkt auffällt, muss er sich vor seinen Fressfeinden hüten. Zu diesen zählen unter anderen Mäuse, Vögel, Spinnen, Schlangen, Ameisen und Wespen. Fühlt er sich bedroht, klappt er seine Flügel ruckartig aus, begleitet von einem zischenden Geräusch. Durch die dann sichtbaren, großen Augen wirkt er viel größer und auch bedrohlich. Die Augen schrecken meist die Vögel ab. Mäuse lassen sich eher von dem Zischgeräusch vertreiben. Leider hilft diese Strategie längst nicht bei allen, die den Edelfalter zum Fressen gern haben.
Der noch im Raupenstadium befindliche Nachwuchs hingegen ist den Fressfeinden schutzlos ausgeliefert. Besonders gefährlich sind Raubinsekten wie die Schlupfwespen und Raupenfliegen (Parasitoide), denn diese legen ihre Eier in die Schmetterlingsraupen. Sobald sich die Maden der Parasitoiden entwickelt haben, bohren sich diese durch die Raupenhaut, was dazu führt, dass die Raupen sterben.
Die Gefährdung des Tagpfauenauges
Bei der Frage, ob sich Bt-Mais (gentechnisch veränderter Mais) als Gefahr für Schmetterlinge herausstellt, gehen die Meinungen der Fachleute ziemlich weit auseinander.
Durch Bt-Mais wird in allen Pflanzenteilen und den Maispollen Bt-Protein gebildet. Zwei Arten dieses Bt-Proteins bewirken, dass die Larven des Maiszünslers sterben.
Da die Larven des Tagpfauenauges gerade um die Blütezeit des Mais schlüpfen und die Brennnessel vorzugsweise in der Agrarlandschaft vorzufinden ist, besteht die Möglichkeit, dass die Raupen des Tagpfauenauges geschädigt werden, wenn die Maispollen in großer Anzahl auf die Brennnesseln fallen und dadurch mitgefressen werden. Steht die Brennnessel-Kolonie beispielsweise in unmittelbarer Nähe des Maisfeldes, könnte es sein, dass die hohe Pollenbelastung auf den Brennnesseln zum Tod der Raupen führt. Auch wenn sich die Raupen in einer Brennnessel-Kolonie befinden, die um einiges weiter entfernt steht, käme es auf das Fressverhalten der einzelnen Raupen an, inwieweit die Pollen ihnen schaden. In jedem Fall besteht ein umso höheres Risiko je näher die Brennnessel-Kolonie am Maisfeld steht. Und einer Studie zufolge sollen 20 Prozent der Tagpfauenaugenraupen durch mit Bt-Mais-Pollen kontaminierte Brennnesselblätter gestorben sein.
Für die als vernachlässigbar geringe Gefahr steht eine Studie, die von Frau M. Schuppener und Team (RWTH-Aachen) über einen Zeitraum von drei Jahren durchgeführt wurde.
Begründung: Es kommt auf die Menge der Pollen an und auf die Entfernung der Schmetterlinge zum Maisfeld. Außerdem können die Pollen von den glatten Brennnesselblättern herunterfallen und vom Regen abgewaschen werden, sodass die verbleibende Menge an Pollen keinen Schaden anrichten kann.
Sehr geehrter Autor,
in dem Artikel Tagpfauenauge steht bei der Beschreibung des Raupenstadiums mehrfach ! (ich glaube dreimal) der Begriff Puppe statt Raupe. Ich empfinde dies als einen schweren Fehler, denn Raupen und Puppen sind ganz unterschiedliche Stadien und dürfen nicht verwechselt werden.
Überprüfen Sie das bitte und korrigieren Sie diesen Fehler. Es tut mir leid, denn ich finde den Artikel gut.
Freundliche Grüße
Doris Hagelloch
Hallo Frau Hagelloch,
vielen Dank für den Hinweis. Ich habe den Fehler korrigiert.
Viele Grüße
Enrico Lauterschlag