Endemische Arten beziehungsweise Endemiten sind solche Arten, Gattungen oder Familien, die nur in einem bestimmten Gebiet vorkommen. Es gibt endemische Arten aus allen drei großen Reichen – also den Pflanzen, den Tieren und den Pilzen. Endemische Arten gibt es nahezu überall. Dies liegt oftmals an der spezifischen Anpassung der Art an einen bestimmten Lebensraum oder aber auch an räumlichen Gegebenheiten.
Ist ein Lebewesen hingegen weltweit oder über weite Teile der Erde verbreitet, wird es zu den Kosmopoliten gezählt.
Inhaltsverzeichnis
Wie entstehen endemische Arten?
Endemiten sind sehr oft Ergebnisse eines Evolutionsprozesses und damit primär Ergebnis eines Anpassungsprozesses der Art an die Gegebenheiten.
Dabei müssen mehrere Dinge passieren:
- Lebensraum besiedeln
Ein Lebewesen beziehungsweise eine Population von Lebewesen muss einen Lebensraum besiedeln. Dies kann beispielsweise eine Gruppe von Tangarenvögeln sein, die sich – aus welchen Gründen auch immer – auf einer Insel niederlässt. Sie sind noch keine Endemiten, sondern vorerst eine eingewanderte Art. - Neue Umgebung muss zur Heimat werden
Die neue Umgebung muss zur neuen Heimat der Population werden. Dies kann dadurch begründet sein, dass das Nahrungsangebot beziehungsweise der Standort (bei Pflanzen) besonders optimal ist. Oftmals werden einzelne Tiere aber auch zum Verbleib an einem neuen Standort gezwungen – etwa dann, wenn sie beispielsweise auf Treibgut auf Inseln gelangten oder ein Tal durch Flutung zweigeteilt und damit unüberwindbar wurde. Gründe dafür, dass einzelne Exemplare einer Art in einen neuen Lebensraum gelangen, gibt es viele. - Anpassung an den neuen Lebensraum
Nun muss eine Anpassung erfolgen, die bewirkt, dass die Art optimal am neuen Ort gedeiht. Dies geht dann einher mit der Unfähigkeit, an anderen Orten – wie etwa dem Ursprungsort – genau so gut zu leben. Das heißt, selbst wenn die angepasste Art sich woanders hin ausbreiten würde, so würde sie dort, wo sie sich angepasst hat, noch immer bessere Überlebens- und Vermehrungschancen haben.
Allerdings werden generell alle Arten als endemische Arten bezeichnet, die nur in einem begrenzten Gebiet vorkommen. Es ist bei einigen Arten durchaus denkbar, dass sie auch woanders gedeihen würden, wenn sie es nur dorthin schafften. Bei den durch Anpassung entstandenen Arten ist es jedoch so, dass sie nur in ihrem Lebensraum optimal überleben können.
Endemische Arten gibt es in allen möglichen Lebensräumen: Im Gebirge, in Wäldern, auf Inseln, in Höhlen, in Gewässern und in der Wüste. Es werden auch ständig neue Arten gefunden.
Wann werden Arten zu den Endemiten gezählt?
Es existiert keine genaue Definition dessen, wie groß ein Lebensraum sein darf, damit eine Art noch als endemisch gilt. Meistens werden in diesem Zusammenhang aber Inseln genannt. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Flora und Fauna auf Madagaskar. So leben hier alleine 150 endemische Froscharten und mehr als 80 endemische Säugetiere (von 109 Arten). Bei den Pflanzen können ebenfalls über 80 Prozent als endemisch bezeichnet werden.
In der Tat sind Inseln sehr viel ergiebiger, wenn es um die Suche nach Endemiten geht. Schließlich sind die Ökosysteme hier abgeschlossener und entsprechend hatten die Arten einen größeren Anpassungsdruck. In zugänglicheren Gebieten, wie etwa Mitteleuropa, kommt es hingegen immer wieder zu Wanderbewegungen einzelner Tierarten. Und auch diverse Pflanzen können sich, solange das Klima es zulässt und es keine nennenswerte geographische Hürde gibt, immer weiter ausbreiten.
Aber auch weniger tropische und für ihren Artenreichtum bekannte Gebiete haben Endemiten als Bewohner. So gibt es beispielsweise in der Schweiz acht endemische Laufkäferarten und auf Grönland 13 Arten von Gefäßpflanzen, die nur dort heimisch sind.
Neben diesen vergleichsweise überschaubaren Biomen gibt es aber auch Endemiten, die riesige Gebiete bewohnen. Dies liegt meist daran, dass sie überall ein ähnliches Klima aufweisen. Auf dem Kontinent Australien gibt es beispielsweise zahlreiche endemische Arten, die sich aber über fast den ganzen Kontinent ausgebreitet haben.
Endemische Arten zeichnen sich nicht zwingend dadurch aus, dass sie nur in kleinen ökologischen Nischen zu finden sind. Endemiten können auch einfach ganze Tier- und Pflanzengruppen beschreiben, die sich einfach nur in einem bestimmten, beliebig großen Gebiet entwickelt haben. Dabei zeichnet endemische Arten zweierlei aus: Ihre Anpassung (Wuchs, Ernährung, Lebensweise und so weiter) sind an ihren Lebensraum sehr stark angepasst. Außerdem sind sie als Art definierbar. Das heißt, dass sie sich nicht mit anderen Exemplaren der gleichen Gattung (trotz naher Verwandtschaft) beliebig vermehren lassen – oftmals auch gar nicht.
Es gibt allerdings auch endemische Gattungen: Bei diesen Endemiten kommt es durchaus vor, dass die einzelnen Arten untereinander noch vermehrungsfähig sind. Die Arten sind jedoch selbst Endemiten und beispielsweise an verschiedene Lebensbereiche einer Insel oder ähnliches angepasst. Ein Beispiel sind die auf Madagaskar heimischen Cryptoprocta (ein der Manguste ähnliches Raubtier): Von drei Arten sind jedoch zwei ausgestorben. Alle drei sind aber Endemiten.
Welche endemische Arten entstehen auf Inseln?
Inseln sind ein Hort endemischer Arten, denn Inseln vereinen viele Eigenschaften, die dort angelangte Lebewesen zur Anpassung zwingen: Sie sind in der Regel isoliert, sie haben ihr eigenes Ökosystem und oftmals auch ihr eigenes Klima.
Hier bieten sich die schon angesprochenen Tangaren als Beispiel an: Unter dem Namen Darwinfinken finden sich mittlerweile 18 verschiedene, sehr nahe miteinander verwandte Arten auf den Galapagos-Insel. Sie alle unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Schnabelformen voneinander. Diese ist nämlich auf das jeweils vorhandene Nahrungsangebot optimiert. Die Arten können sich untereinander nicht mehr paaren und leben teilweise wieder im gleichen Lebensraum miteinander, stellen aber aufgrund der unterschiedlichen Nahrungsgewohnheiten keine Konkurrenz zueinander dar.
Die Evolution dieser Vögel ist ein klassisches Beispiel für die Entstehung von Endemiten und war mitentscheidend für Charles Darwins erste Gedanken zur Evolutionslehre. Mit den Finken sind sie indes nicht verwandt.
Aber auch die Inselverzwergung und der Riesenwuchs sind typisch für Endemiten auf Inseln. Wo es viel Nahrung, aber keine Fressfeinde gibt, kommt es gelegentlich zum Inselgigantismus. Auf Mauritius war der 1690 ausgestorbene Dodo eine solche endemische Art: Groß, schwerfällig, flugunfähig und frei von Fressfeinden.
Ein Beispiel für Verzwergung ist hingegen das Zwerg-Faultier auf der Isla escudo de veraguas. Es misst lediglich um die 50 Zentimeter Länge. Warum es gerade bei größeren Säugetieren auf Inseln zur Verzwergung kommt, kann durch ein verknapptes oder verringertes Nahrungsangebot und auch durch kleinteiligere Lebensräume erklärt werden. Vögel, Reptilien und Nagetiere neigen hingegen zum Gigantismus. Ausschlaggebend ist meistens die Abwesenheit von Fressfeinden.
Insel-Endemiten sind also solche Arten, die sich an den Lebensraum, den ihre Insel bietet, angepasst haben.
Besonderheit bei Pflanzen: Paläo- und Neoendemiten
Bei Pflanzen wird zwischen Paläo- und Neoendemiten unterschieden. Erstere bezeichnen Arten, die durch Verdrängung (oftmals durch klimatische Veränderungen und das Einwandern anderer Arten) auf ein kleines Gebiet zurückgedrängt wurden. Sie sind nun beispielsweise um einen bestimmten Berg herum endemisch, waren aber früher viel weiter verbreitet.
Bei Neoendemiten handelt es sich hingegen um Pflanzen, die sich erst bei entsprechenden Standortbedingungen zu einer eigenständigen Art entwickelten. Oftmals waren an diesem Prozess Menschen beteiligt, weil beispielsweise Kulturpflanzen eingeschleppt wurden. In die Wildnis gelangtes Saatgut führte dann zu einer Ansiedlung der Art, die sich – insofern es möglich war – an die Gegebenheiten anpasste.
Diese Unterteilung ist bezüglich der Mechanismen auch auf Tiere anwendbar, aber nicht üblich.
Die Bedrohungslage bei endemischen Arten
Endemiten sind hoch spezialisiert und entsprechend empfindlich. Veränderungen des Ökosystems, an das sie sich über viele Generationen hinweg anpassen konnten, führen oftmals dazu, dass der Vorteil dieser Art zunichte gemacht wird. Verändert sich der Lebensraum einer endemischen Art drastisch, hat dies in der Regel eine starke Verringerung der Populationsgröße oder die Ausrottung zur Folge.
Endemische Arten werden dabei durch viele Faktoren bedroht. Besonders durch den Menschen eingeschleppte Neozoen (eingeschleppte Tierarten) sind eine große Bedrohung für einheimische und endemische Arten. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Neozoen plötzlich die einzigen und ersten Fressfeinde sind. Dieser Umstand war, zusammen mit dem Appetit vieler Seefahrer auf das Fleisch, an der Ausrottung des Dodos beteiligt.
Aber auch Neophyten, also eingeschleppte Pflanzen, sind bedrohlich. Denn sie konkurrieren mit den örtlichen Endemiten um die besten Standorte, die Nährstoffe und das Licht.
Viele Endemiten gelten aber auch deshalb als bedroht, weil der Lebensraum als solcher beschädigt wird. Die Abholzung von Wäldern, die globale Erwärmung das Bauen von Städten und Straßen zerstören Lebensraum und drängen die Arten zurück. Während nicht hochgradig angepasste Arten oftmals in andere Gebiete ausweichen können, haben Endemiten diese Option nicht.
Endemische Arten in Deutschland
Auch in Deutschland gibt es Endemiten in der Tier- und Pflanzenwelt. Hier eine kleine Auswahl:
- Badische Riesenregenwurm
Ist der größte Vertreter unter den heimischen Regenwürmer und kommt nur in den Fichtenwäldern im Umfeld des fast 1.500 Meter hohen Feldberges vor. Der Feldber ist die höchste Erhebung des Schwarzwaldes. - Ammersee-Kilch
Lebt im bayerischen Ammersee endemisch und ist eine vom Aussterben bedrohte Fischart. Er gehört zur Familie der Lachsfische und war früher ein beliebter Speisefisch. - Schierlings-Wasserfenchel
Gehört zur Familie der Doldenblütler und ist eine Sumpf- und Wasserpflanzenart. Sie ist ein sehr seltener Endemit und kommt nur im Gebiet der Tide-Elbe (zwischen Hamburger Holzhafen und der Staustufe in Geesthacht vor.
Eine Übersicht der Anzahl aller in Deutschland lebender Endemiten stellt das Bundesamt für Naturschutz bereit.
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