Der Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) wird auch Westeuropäischer Igel genannt und zählt zu den Säugetieren. Neben den Spitzmäusen und den Maulwürfen gehören die Igel zu den Insektenfressern und sind besonders willkommene Gäste im heimischen Garten. Einen nahen Verwandten besitzt der Braunbrustigel mit dem Nördlichen Weißbrustigel in Osteuropa und Ostasien. Beide können der Gattung der Kleinohrigel zugeordnet werden.
Wenn im europäischen Raum von Igeln gesprochen wird, ist meist der Braunbrustigel gemeint. Er wurde zum Tier des Jahres 2009 gewählt und in diesem Artenportrait erfahren Sie alles über das Aussehen, die Lebensweise, die Feinde und den Schutz dieses Igels.
Inhaltsverzeichnis
Das Aussehen der Braunbrustigel
Mit seinen bis zu 30 Zentimetern Körperlänge hat er ein recht kompaktes Erscheinungsbild und bringt bis zu 1000 Gramm auf die Waage. Besonders im Spätsommer können die Braunbrustigel auch mal 1500 Gramm wiegen, weil sie sich dann ihre Fettpolster für den Winter anfressen. Im Frühjahr sind diese Reserven aufgebraucht und dann bringen die Tiere häufig nur noch 350 Gramm auf die Waage. Als ausgewachsen gelten die Braunbrustigel mit zwei Jahren. Dann erst haben sie auch die Körpergröße von rund 30 Zentimetern erreicht.
Das Auffälligste bei den Braunbrustigeln sind die rund 8000 Stacheln auf dem Rücken, auf dem Nacken und auf der Oberseite des Kopfes. Diese sind jeweils zwischen zwei und drei Zentimeter lang und bestehen aus Haar. An der Haarwurzel sind die Stacheln etwa einen Millimeter dick. Ein Stachel lebt im Schnitt ein bis eineinhalb Jahre, bevor er ausfällt und ein neuer Stachel nachwächst. Durch das Stachelkleid ist der Braunbrustigel im Unterholz besonders gut getarnt, denn es ist hellbraun bis dunkelbraun gebändert. Auch Gesicht, die Kehle und der Bauch sind mit graubraunen Haaren versehen, was die Tarnung unterstützt. Es gibt auch Igel mit fast weißen Stacheln, die jedoch keine Albinos sind. Diese sind vor allem auf der Kanalinsel Alderney zu finden und machen dort fast ein Viertel der Igelpopulation aus. Und das, obwohl es auf der Insel ursprünglich gar keine Igel gab. Der Überlieferung nach verkaufte die Haustierabteilung des Londoner Nobelkaufhauses Harrods in den Sechsziger Jahren einige Igelexemplare nach Alderney. Vermutlich war da mindestens ein helles Exemplar dabei, was die blonden Stacheln aufwies. Da es nur wenige Igel auf der Insel hab, wurde die Verbreitung dieses Merkmals begünstigt.
Dennoch gibt es unter den Braunbrustigeln auch Albinos. Bei diesen Exemplaren sind nicht nur die Stacheln hornfarben bis weiß, sondern auch das Fell. Außerdem ist die Haut rosafarben und die Augen rot. Aufgrund der Nachtaktivität der Braunbrustigel sind die Albinos jedoch nicht so benachteiligt wie bei anderen Arten. Deshalb findet man nicht selten Albinos unter den Braunbrustigeln.
Der Körperbau an sich ist sehr rund, die Ohren sehr klein. Doch das beeinträchtigt deren Funktion nicht, im Gegenteil: Braunbrustigel sind außerordentlich gute Hörer und auch Riecher. Der Geruchssinn ist ebenso wie das Hören hoch entwickelt. Ein kleines und verstecktes Körpermerkmal des Braunbrustigels ist der Schwanz. Man sieht in kaum, obwohl er eine Länge von bis zu vier Zentimetern hat. Die spitz zulaufende Schnauze ist das klassische Merkmal eines Insektenfressers. Diese ist sehr beweglich und hat 36 Zähne. Das Gebiss ist typisch für die Familie der Insektenfresser kräftig entwickelt. Die Gliedmaßen der Braunbrustigel sind recht kurz, besonders die Vorderbeine. Die Hinterbeine dagegen sind etwas länger. An jedem Fuß finden sich fünf Zehen mit Krallen. Die zweiten, dritten und vierten Zehen sind in etwa gleich lang, die ersten und fünften etwas kürzer.
Wenn Braunbrustigel ihre Umgebung erkunden, geben sie dabei leise Schnauf- und Niesgeräusche von sich. Außerdem machen sie sich durch das Rascheln im Unterholz bemerkbar. Wenn sich die Braunbrustigel bedroht fühlen, machen sie sich durch ein Fauchen oder lautes Schnaufen bemerkbar. In besonderen Gefahrensituationen kann es auch zu einem lauten Schreien und Kreischen ausarten. Im Normalfall sind Braunbrustigel während des Paarungsspiels am lautesten. Das ist der Fall, wenn sie ein Schnarch- oder Sägegeräusch von sich geben.
Beide Geschlechter besitzen fünf Zitzen pro Körperseite. Die Penisöffnung des Männchens ist knopfförmig und liegt etwa in der Mitte der hinteren Körperöffnung und ungefähr fünf Zentimeter vom After entfernt. Die Hoden sind nicht sichtbar. Bei den Weibchen liegt die Geschlechtsöffnung nur etwa zwei Zentimeter vom After entfernt.
Das Verbreitungsgebiet und der Lebensraum
Wie bereits erwähnt, sind die Braunbrustigel im Westen sowie in Mitteleuropa zu Hause. Zu ihrem Verbreitungsgebiet gehören auch die Britischen Inseln, die iberische Halbinsel, Frankreich, Italien sowie einige Inseln im Mittelmeer. Auch in Deutschland, Österreich, der Schweit, Teilen des Baltikums, im nördlichen Russland sowie im südlichen Finnland und dem restlichen südlichen Skandinavien sind die Braunbrustigel zu Hause. In Skandinavien jedoch noch nicht sehr lange: Erst im 20. Jahrhundert konnten die Braunbrustigel auch dort beobachtet werden.
Der etwa 200 Kilometer breite Bereich zwischen Polen und der Adriaküste überlappt mit dem Lebensraum des Nördlichen Weißbrustigels. Auch im Süden Estlands, im Norden Lettlands sowie im westlichen Zipfel Russlands kommen beide Arten vor. Selbst am anderen Ende der Welt ist der Braunbrustigel mittlerweile angekommen und vermehrt sich seit dem späten 19. Jahrhundert auch in Neuseeland.
Auch wenn sich das Verbreitungsgebiet über viele verschiedene Länder erstreckt, ist der Lebensraum selbst immer ähnlich. Die Braunbrustigel lieben Gebiete mit abwechslungsreichen Gegenden, Hecken, Gebüschen, Bodendeckern und auch Weideland oder Totholzbestände. Hier können sie sich im Unterholz verstecken und in aller Ruhe nach Insekten suchen. Auch an Rändern von Laubwäldern sind die Braunbrustigel zu finden. Hier können sie sich in hohlen Baumstämmen oder Felsspalten ausruhen. Nadelwälder, Gegenden ohne Bäume und Sträucher sowie feuchte Gebiete meiden die Braunbrustigel. Selbst in Höhen von 2000 Metern ist der Braunbrustigel noch anzutreffen. Auch in Städten sind sie mittlerweile oft zu finden, vor allem auf Streuobstwiesen, in Gärten, Parks und auf Friedhöfen. Das hat allerdings einen weniger schönen Grund: den Verlust ihres ursprünglichen Lebensraums. Denn eine reich gegliederte Feldflur wird vom Menschen zunehmend erschlossen und bebaut.
Die Nahrung des Braunbrustigels
Der Braunbrustigel ist ein klassischer Insektenfresser. Vor allem Laufkäfer, Ohrwürmer, Raupen von Schmetterlingen, Tausendfüßler und Regenwürmer stehen auf seiner Speisekarte. In seltenen Fällen frisst der Braunbrustigel auch mal eine Nacktschnecke, aber diese gehört nicht zu seiner bevorzugten Nahrung. Auch Schnecken mit Gehäuse fressen die Braunbrustigel sehr selten, denn das Aufbrechen ist mit seinem Gebiss nur schwer möglich. Da die Braunbrustigel nachtaktiv sind, legen sie nachts bis zu einen Kilometer zurück, um nach Nahrung zu suchen. Besonders taunasses Weideland gehört zu seinen bevorzugten Jagdgründen. Doch nicht nur Insekten bieten dem Braunbrustigel eine Lebensgrundlagen.
Auch Mäuse oder Maulwürfe fressen sie gelegentlich. Doch wenn sie diese Tiere fressen, handelt es sich dabei meist um frisch geborene und noch blinde Tiere, die der Braunbrustigel auf seinem nächtlichen Streifzug nach Nahrung findet. Ausgwachsene Tiere könnte der Braunbrustigel nicht fressen, dazu ist sein Gebiss zu schwach ausgebildet. Wenn Maulwürfe oder Mäuse jedoch bereits tot sind, kann es auch mal passieren, dass der Braunbrustigel an dem Kadaver knabbert.
Neben Insekten und jungen Mäusen und Maulwürfen gehören auch Vogeleier und Küken auf die Speisekarte des Braunbrustigels. Die Eier von Hühnern sind zu groß, Küken des Haushuhns können dem Braunbrustigel jedoch auch mal zum Opfer fallen. Eier von Vögeln, die am Boden brüten, sind ebenfalls nicht sicher vor dem Braunbrustigel. Das können Eier von Möwen, Seeschwalben, Lerchen, Fasanen oder auch Rebhühnern sein. Vor allem auf Inseln, auf die der Braunbrustigel eingeschleppt wurde, stellt er inzwischen eine erstzunehmende Gefahr für seltene bodenbrütende Vögel dar.
Eine letzte Rubrik auf der Speisekarte der Braunbrustigel stellt Fallobst im Herbst dar. Überreife Äpfel, Birnen und andere Früchte lassen sich die Tiere schmecken, jedoch nicht sehr häufig. Oftmals sind auch die Insekten, die sich an dem Fallobst versammeln, für den Braunbrustigel interessanter.
In einigen Büchern aus früheren Tagen ist oft zu lesen, dass Igel auch Schlangen fressen würden. Das ist jedoch schon aufgrund der Lebensweise der Igel nicht möglich. Im Gegensatz zu den Schlangen sind die Igel nachtaktiv und begegnen Schlangen nur äußerst selten. Sie vertragen zwar eine hohe Menge Schlangengift, auf dem Speiseplan stehen die Tiere dennoch nur äußerst selten. Wenn es doch mal dazu kommt, dass der Igel eine Schlange frisst, ist diese in der Regel bereits tot. Ein weiterer Mythos ist die Behauptung, Igel würden ihre Nahrung auf den Stacheln lagern. Wenn sich mal ein Blatt oder eine Frucht auf den Stacheln findet, ist das eher eine Folge des Herumkriechens durch das Unterholz.
Die Lebensweise der Braunbrustigel
Wie alle anderen Stacheligel wird auch der Braunbrustigel erst in der Dämmerung und in der Nacht aktiv. Dabei teilt er sich seine Aktivität in zwei Phasen ein: Die erste Phase findet in der Regel zwischen 18 und 21 Uhr statt, die zweite dann zwischen 0 und 3 Uhr in der Nacht. In dieser Zeit durchstreifen die männlichen Braunbrustigel bis zu einen Quadratkilometer, um nach Nahrung zu suchen. Die Weibchen bleiben meist in einem 300 Quadratmeter großen Bereich. Die stacheligen Tiere sind ortstreue Einzelgänger. Innerhalb ihres Reviers haben sie oft mehrere Nester, die sie immer wieder aufsuchen. Wenn nicht gerade Paarungszeit ist, sind sie allein unterwegs. Flüsse und Bachläufe sind normalerweise die natürliche Grenze der Braunbrustigel. Grundsätzlich sind sie aber in der Lage, diese zu durchschwimmen, was telemetrische Untersuchungen gezeigt haben.
Wer einen Braunbrustigel sieht, der besonders viel Schaum vor dem Maul hat, muss nicht in Panik verfallen. Hierbei handelt es sich nicht um Tollwut, sondern um die sogenannte Selbstbespeichelung der Tiere. Hierbei produzieren sie durch kauende Bewegungen große Mengen an Speichel und spucken diese mittels Verrenkungen auf ihren Rücken. Das machen die Igel vor allem dann, wenn sie eine besonders intensiv riechende Substanz wittern. Warum sie sich dann mit eigenem Speichel bespucken, ist allerdings noch nicht abschließend erforscht. Es wird jedoch vermutet, dass die Braunbrustigel damit ihre Geschmacks- und Geruchszellen reinigen.
Eine weitere und gleichzeitig die wohl bekannteste Eigenschaft der Braunbrustigel ist das Einrollen. Dabei rollen sie ihren Körper mittels zahlreicher Muskeln zu einer Kugel zusammen. Ein Muskel verläuft von den Schwanzwirbeln über den Rücken und stellt dabei die Stacheln auf. Ein Ringmuskel hält das Tier schließlich geschlossen. Damit schützen die Igel ihre empfindlichen Körperteile. Gleichzeitig ist jeder einzelne Stachel mit einem Muskel versehen, welcher die Stachel aufstellt. Deshalb lässt sich auch manchmal beobachten, dass die Igel lediglich den Kopf einziehen und dort ihre Stachelhaube aufstellen, sich aber nicht komplett einrollen.
Braunbrustigel sind Winterschläfer. In einem geschützten und kugelförmigen Nest verschläft der Igel etwa fünf bis sechs Monate des Winters. Dabei kann der Winterschlaf bereits im Oktober, aber auch erst im November beginnen und dauert bis April. Während dieser Zeit sind die Vorgänge des Stoffwechsels auf ein Minimum heruntergefahren. Während der aktiven Zeit haben die Braunbrustigel eine Körpertemperatur von rund 36 Grad – während des Winterschlafes sind es gerade mal ein bis acht Grad. In dieser Zeit holen sie nur ein bis zweimal pro Minute Luft und der Herzschlag sinkt auf fünf Schläge pro Minute. In dieser Zeit verlieren die Tiere bis zu 26 Prozent ihres Körpergewichts. Deshalb müssen sie vor dem Winterschlaf mindestens 500 Gramm wiegen, sonst überleben sie die Zeit nicht. Sobald die Temperatur über die 15 Grad Celsius Marke klettert, beenden die Braunbrustigel ihren Winterschlaf.
Die Fortpflanzung der Braunbrustigel
Kurz nach dem die Braunbrustigel aus ihrem Winterschlaf erwacht sind, beginnt auch schon die Paarungszeit. Gegen Ende April und im Mai begeben sich die Einzelgänger auf die Suche nach einem Partner. Die Paarungszeit erstreckt sich bis zum August. Um einen geeigneten Partner zu finden, legen die Braunbrustigel weite Strecken zurück. Wenn sie fündig geworden sind, umgarnt das Männchen das Weibchen mit großer Ausdauer. Doch nicht jedes Weibchen lässt sich darauf ein. Wenn es dem Männchen mit Schnaufen und Fauchen ihre Körperflanke zuwendet und ihre Kopfstacheln aufstellt, möchte sie so das Männchen abwehren. Auch Stöße des Kopfes können dabei vorkommen. Die Bewegungsabläufe des Umgarnens sowie des Abwehrens werden oft auch als Igelkarrussel bezeichnet. Dieses kann mehrere Stunden dauern und zu einem regelrechten Kampf ausarten, sobald ein zweites Männchen dazukommt. Wenn sich zwei Männchen um das Weibchen streiten, nutzt dieses häufig die Chance, zu entkommen.
Wenn es dann doch zum Paarungsakt kommt, sieht dieser so aus, wie bei den meisten anderen Säugetieren auch – da sind auch die Stacheln am Rücken kein Hindernis. Wenn das Weibchen das Männchen akzeptiert hat, besteigt dieses das Weibchen von hinten und das Weibchen drückt seinen Körper flach gegen den Boden. Dabei werden die Stacheln dicht an den Körper angelegt. Der Akt dauert bis zu einer Stunde, kann aber durch mehrere Pausen unterbrochen werden. Normalerweise sucht das Männchen direkt nach dem Akt weiter nach anderen paarungswilligen Igeln. Ist das nicht der Fall und das Männchen bleibt in der Nähe des Weibchens, kann es passieren, dass sie kurz vor der Geburt der Jungen das Männchen verbeißt.
Die weiblichen Braunbrustigel sind etwa 35 Tage schwanger. Zwischen Juni und September bringen sie schließlich ihren Nachwuchs zur Welt. Dabei ist der August der geburtenstärkste Monat. In diesem Monat werden in Mitteleuropa rund 61 Prozent der Jungigel geboren. Die Geburt geht in den Nestern, die aus altem Laub, Gras und Moos besteht, vonstatten. Dieses Nest baut der weibliche Braunbrustigel erst einen Tag vor der Geburt. Sind die kleinen Jungigel auf der Welt, hält sich die kleine Familie oft in hohlen Bäumen, Gartenhäuschen oder Schuppen auf. Bei der Geburt wiegen die Jungigel gerade einmal zwischen zwölf und 25 Gramm und haben ihre Augen sowie Ohren geschlossen. Während oder auch kurz nach der Geburt sollte die Igelmutter nicht gestört werden. Ist das doch der Fall, kann es passieren, dass sie ihren Wurf verlässt oder sogar auffrisst. Wenn eine Störung wenige Tage nach der Geburt eintritt, bringt sie ihre Jungtiere in ein anderes Nest.
Nach der Geburt säugen Braunbrustigel ihre Junge bis zur sechsten Woche. Dabei nehmen die Jungtiere in der ersten Woche etwa drei Gramm pro Tag zu, aber der dritten Woche werden es vier Gramm täglich. Nach sechs Wochen bringen die Jungigel bis zu 250 Gramm auf die Waage. Das Besondere an der Igelmilch ist, dass sie einen sehr hohen Anteil an Trockensubstanz- und Fettgehalt hat. Der Milchzuckergehalt ist dagegen sehr niedrig. Diese Zusammensetzung ist der Milch von Robben sehr ähnlich. Im Fett der Igelmilch finden sich vor allem langkettige Fettsäuren, die einen sehr hohen Anteil von Linolsäure haben. Au0erdem ist der Eisengehalt sowie das Vorkommen von Zink in der Igelmilch besonders hoch. Forscher vermuten, dass der Zinkgehalt deshalb so hoch ist, um das Wachstum der Stacheln zu fördern. Denn diese haben einen hohen Gehalt an Spurenelementen. Ein neugeborender Igel hat bereits etwa 100 Stacheln auf seinem Körper. Diese sind jedoch zum Zeitpunkt der Geburt noch weiß und in die rosafarbene Rückenhaut eingebettet. Schon in den ersten zwei Lebenswochen wachsen noch mehr Stacheln, die dann bereits die typische braune Färbung haben. Erst nach etwa zwei Wochen öffnen die Jungigel langsam ihre Augen und nach rund drei Wochen lassen sich die ersten Milchzähne blicken. Diese begleiten die Jungigel etwa drei Monate, bis sie durch das bleibende Gebiss erstetzt werden. Erst im Alter von etwa dreieinhalb Wochen verlassen die jungen Braunbrustigel zum ersten Mal das Nest und machen sich auf die Suche nach Nahrung. Mit neun Monaten sind sie schließlich geschlechtsreif.
Die Braunbrustigel, die in Mitteleuropa zu Hause sind, werfen in der Regel nur einmal im Jahr. Wenn dem Wurf etwas passiert, kann es sein, dass das Weibchen noch einmal schwanger wird. Das geschieht dann allerdings erst so spät, dass die Jungen erst im Spätsommer zur Welt kommen und sehr schlechte Chancen haben, das anstehende Winterhalbjahr zu überleben. Denn wenn sie erst im späten Sommer geboren werden, haben sie nicht genug Zeit, sich die nötigen Fettreserven anzufressen, um den Winterschlaf zu überleben. Braunbrustigel, die in wärmeren Gebieten zu Hause sind, haben weniger Schwierigkeiten, zwei Würfe pro Jahr großzuziehen. Generell variiert die Größe des Wurfes zwischen zwei und zehn Jungen. Im Durchschnitt kommen allerdings vier bis fünf Igel zur Welt. Oft hat die Igelmutter auch nicht mehr Milch, um noch mehr Jungigel ausreichend zu versorgen. Kaltes oder trockenes Wetter kann auch Würfe mit einer durchschnittlichen Größe gefährden.
Die natürlichen Feinde des Westeuropäischen Igels
Man könnte meinen, mit der Fähigkeit, sich zu einer stacheligen Kugel zusammenrollen zu können, ist der Braunbrustigel vor sämtlichen Feinden geschützt. Doch dieses Merkmal schützt ihn nicht völlig vor hungrigen Fleischfressern. Raubtiere, wie Füchse und Marder zählen zu den natürlichen Feinden des Braunbrustigels. Dazu kommt noch die Gefahr aus der Luft, denn auch Steinadler und Uhus haben es auf die stacheligen Tierchen abgesehen. Die kräftigen und langen Krallen ermöglichen es den Vögeln, selbst die eingerollten Igel aufzurollen und zu töten. Das gilt auch für den Dachs. Dieses Tier ist ebenfalls in der Lage, den natürlichen Selbstschutz der Braunbrustigel zu durchbrechen. In Mitteleuropa gelten Dachs und Uhu zu den wichtigsten Fressfeinden des Igels. Besonders leichte Beute sind kranke und unterernährte Igel. Sie haben in der Regel nicht mehr die Kraft, sich bei Gefahr schnell und sicher einzurollen.
Hinzukommt, dass die schwachen Braunbrustigel nicht nur nachts aktiv sind, sondern auch tagsüber nach Nahrung suchen, um ihren Zustand zu verbessern. Diese Schwäche nutzen nicht nur Marder, Wildschweine und Iltisse: Selbst Krähen, Elstern und sogar Haushunde attackieren die Igel hin und wieder in solchen Fällen. Wobei Hunde da eher die Ausnahme sind.
Neben den Fressfeinden können auch Krankheiten den Braunbrustigel gefährden. Oft sind sie von Parasiten befallen, beispielsweise vom Lungenwurm. Dieser gehört zur Gruppe der Endoparasiten und können eine Lungenentzündung hervorrufen. Wenn dann auch noch eine bakterielle Besiedlung stattfindet, wird diese Erkrankung zur großen gefahr für den Igel. Doch nicht nur der Lungenwurm macht dem Braunbrustigel zu schaffen. Auch Bandwürmer wie der Brachylaemus erinacei oder der Hymenolepis erinacei kommen immer wieder bei den Igeln vor. Schwere Schädigungen an den Wänden des Darms wiederum werden von sogenannten Kratzwürmern hervorgerufen. Diese Parasiten können sogar Bauchfellentzündungen verursachen. Kokzidien kommen beim Braunbrustigel dagegen eher selten vor. Es gibt noch eine zweite Gruppe der Parasiten, und zwar die Ektoparasiten. Dahinter verstecken sich beispielsweise Flöhe. Der Igelfloh ist einer davon. Auch Zecken und Milben können Igel befallen. Je schlechter es um den Gesundheitszustand des Igels steht, desto größer ist der Parasitenbefall. Besonders schlecht genährte Braunbrustigel sind gefährdet, denn die Kombination aus Unterernährung und Parasiten führt nicht selten zum Tod der Tiere. Außerdem können die Igel an Dermatophytosen erkranken oder diese übertragen. Dahinter verbirgt sich eine Hauterkrankung, die durch spezielle Pilze, die sogenannten Dermatophyten, hervorgerufen wird. Sie befallen nur Hornschichten der Haut sowie Haare, Krallen und Nägel. Die Erkrankung zählt zu den häufigsten Infektionskrankheiten auf der ganzen Welt und können auch den Menschen befallen.
Wenn die Braunbrustigel um all diese Erkrankungen und Parasitenbefälle herumkommen, können sie ein glückliches und gesundes Leben führen. Wie lang dieses maximal sein kann, ist jedoch bis heute nicht ausreichend belegt. Wissenschaftler haben beobachtet, dass Igel in der freien Wildbahn etwa sieben Jahre alt werden können. Leben die Tiere in Gefangenschaft, können sie auch den zehnten Geburtstag erleben, wenn nicht gar noch mehr. Dennoch erleben die wenigsten neugeborenen Igel ein solch hohes Alter. Forscher haben herausgefunden, dass die Todesrate bei jungen Igeln sehr hoch ist. Das bedeutet, dass bei einem durchschnittlichen Wurf von fünf Igeln im Durchschnitt ein Igel stirbt, bevor er überhaupt das Nest verlassen hat. Von zehn Jungigeln, die dieses Stadium überlebt haben, überleben nur ein oder zwei Exemplare die nächsten Monate. Wenn sie das erste Lebensjahr erfolgreich vollendet haben, ist die Wahrscheinlichkeit 50 Prozent, dass sie auch das zweite Jahr schaffen.
Die Gefährdung und der Schutz
Der Bestand der Braunbrustigel wird nicht nur durch Unterversorgung oder Krankheiten dezimiert, sondern auch vom Straßenverkehr. Bestandsaufnahmen haben gezeigt, dass allein in Deutschland jährlich eine halbe Million Igel zu Tode gefahren werden. Diese Zahl weist zwar auf einen insgesamt großen Bestand hin, trotzdem steht der Braunbrustigel in sechs deutschen Bundesländern auf der Liste der gefährdeten Tierarten. Bayern hat den Igel 2017 auf die rote Liste gesetzt. Um einen genaueren Überblick über den Bestand der Tierart zu bekommen, haben sich in Berlin und Bayern Bürger zu Forschungsgruppen zusammengeschlossen, um den Bestand der Igel zu überprüfen und zu dokumentieren. Unumstritten ist jedoch, dass der Mensch die größte Gefahr für den Braunbrustigel darstellt. Denn gerade das Zusammenrollen zu einer Kigel kann dem Igel im Straßenverkehr zum tödlichen Verhängnis werden. Denn in dieser Phase ist das Tier unbeweglich und kann sich in der Gefahrensituation nicht wegbewegen. Somit wird er schnell von Reifen der Autos, Lkws oder Motorräder überrollt. Gegen diesen menschengemachten Feind hat das Tier keine Chance. Hinzukommt, dass der Lebensraum der Braunbrustigel durch die Bebauung und Erschließung neuer, bis dahin naturnaher Gebiete immer kleiner wird. Industrielle Landwirtschaft zerstört das natürliche Habitat des Braunbrustigels und führt dazu, dass er in freier Wildbahn immer seltener anzutreffen ist. Doch nicht nur das ist ein Problem: Die Zerstörung des Lebensraumes fördert sogenannte Inselpopulationen. Diese sind von anderen Populationen isolierr und vermehren sich somit nur untereinander und tauschen die Gene nicht mit anderen Populationen aus. Wenn Braunbrustigel also beispielsweise an Rande eines Dorfes zu Hause sind und dieses von stark befahrenen Straßen und Agrarflächen, auf denen nur Monokulturen angebaut werden, umgeben ist, kann sich der Igel nicht von seinem Heimatort entfernen, um sich mit anderen Populationen zu paaren. Doch der Genaustausch ist wichtig, um die Nachkommen gesund und wiederstandsfähig auf die Welt bringen zu können. Diese isolierten Populationen sind somit besonders gefährdet, durch eine Epidemie völlig ausgelöscht zu werden. Wenn das passiert, verringert sich der Bestand rapide. Ein Beispiel dafür ist Wien: Hier wurden die Braunbrustigel immer seltener. Doch die Stadt hat reagiert und angefangen, in bestimmten Außenbezirken Laubhaufen liegen zu lassen. Außerdem haben sie diese Laubhaufen mit Zweigen der Fichte abgedeckt. Damit haben sie ohne großen Aufwand ein Winterquartier für die Tiere geschaffen, in dem sie die eisige Jahreszeit geschützt verschlafen können. Damit sind nicht nur mehr Igel zurückgekehrt, sondern auch Insekten und Singvögel.
Braunbrustigel und der Mensch
Doch Mensch und Igel treffen nicht nur im Straßenverkehr aufeinander. Schon in der jungpaläolithischen Kunst zur Zeit der eurasischen Altsteinzeit vor rund 40000 Jahren finden sich Darstellungen des Igels. So wurde bei archäologischen Ausgrabungen in der Vogelherdhöhle auf der Schwäbischen Alb im Jaren 2008 eine rund drei Zentimeter große Figur eines mutmaßlichen Igels gefunden. Sie wurde aus Mammutelfenbein gefertigt.
Auch in der volksmedizin sind Igel immer wieder zu finden. So wurden die Stacheln des Tieres im frühen Frankreich für Liebeszauber genutzt. Inwiefern diese auch wirklich geholfen haben, ist nicht überliefert. Als Haarwuchsmittel nutzte man die Asche von verbrannten Igeln in der Antike. Das belegt die Schrift De medicamentis aus dem frühen fünften Jahrhundert nach Christus. Der in Gallien tätige römische Beamte Marcellus Empiricus beschreibt darin, dass Haut und Kopf des Igels verbrannt wurden und mit Honig vermengt wurden. Das wurde dann auf die von Haarausfall betroffenen Stellen gegeben. Eine andere Möglichkeit sahen die Römer darin, nur den Kopf des Igels zu verbrennen und die Asche anschließend mit dem ausgetretenen Fett des Igekörpers zu vermengen. Die Masse wurde dann auf die betroffenen Stellen aufgetragen. Sie waren damals der festen Überzeugung, dass dadurch sogar Haare an vernarbten Stellen wieder wachsen sollen. In einem dritten Rezept wurde der Igel komplett verbrannt und die Asche mit Bärenfett vermengt. Mit dieser Salbe erhofften sich selbst kahlköpfige Römer eine neue Haarpracht. Der Igel diente jedoch nicht nur der äußeren Verschönerung der Menschen in der Antike. Die Asche des Igels wurde auch gegen Epilepsie, Wassersucht, Blasenschwäche und Pferdeerkrankungen eingesetzt. Unter Wassersucht ist eine Herzinsuffienz zu verstehen, bei der das Herz unfähig ist, die vom Körper benötigte Menge von sauerstoffgesättigtem Blut zu fördern. Man kann es auch als Pumpschwäche bezeichnen. Getrocknetes Igelblut wurde gegen Nieren- und Blasensteine eingesetzt und auch das Fett des Igels fand sein ganz eigenes Anwendungsgebiet: Knochenbrüche und offene Wunden. Die Menschen rieben sich teilweise sogar den ganzen Körper mit dem Fett des Igels ein, in der Hoffnung, von vererbbaren Krankheiten verschont zu werden. Eine andere Anwendung fand das Igelschmalz in der Anlockung von Flöhen. Dafür wurde es auf das Ende eines Stockes geschmiert und sollte dann alle Flöhe im Haushalt anlocken. Als Mittel gegen Nierenkrankheiten und Krämpfe verarbeiteten die Menschen damals die Leber des Igels, wogegen die Galle als Verschönerungsmittel eingesetzt wurde. Die Milz des Igels sollte passenderweise gegen Milzerkrankungen helfen. Inwiefern diese ganzen Methoden den Menschen damals wirklich geholfen haben, ist heute nicht bekannt.
Der Igel wurde nicht nur verbrannt, sondern in vielen Teilen Europas auch gegessen. So stand im fünften Jahrhundert der Igelbraten immer mal wieder auf der römischen Speisekarte. Dort wurde er auch im 15. Jahrhundert in England wiederentdeckt. Im Spanien des Mittelalters galt der Igel als eine beliebte Speise während der Fastenzeit. Dies begründetetn die Spanier damit, dass sich der Igel ausschließlich von Kräutern und Wurzeln ernähren würde. Rinder und Schafe dagegen, die im Gegensatz zum Igel wirklich vegetarisch lebten, wurden dagegen während der Fastenzeit nicht gegessen. Dieser Widerspruch scheint den Spaniern damals nicht bewusst gewesen zu sein. Vielleicht wusste man auch einfach noch nicht, dass der Igel zu gern auch tierische Nahrung zu sich nimmt. Bei den Roma ist der Igel teilweise heute noch ein Bestandteil des Speiseplans. Doch offizell ist der Igel durch das Bundesnaturschutzgesetz dahingehend geschützt, dass er nicht gefangen, verletzt oder gar getötet werden darf. Diese Gesetze gelten in den meisten Ländern Europas.
Auch in Märchen und Aberglauben taucht der Igel immer wieder auf. Letzteres könnte auch auf die medizinischen Rezepte in der Antike zutreffen. Aufgrund seines Alters werden dem Igel oft mythische Eigenschaften zugesprochen. So auch im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Dort steht geschrieben, dass der Igel zwei Afteröffnungen habe, um seinen Kot auszulassen. Außerdem sei er unkeusch gegenüber dem Weibchen, da ihn die Stacheln auf ihrem Rücken stechen. Ein weiterer Mythos ist dort beschrieben, und zwar dass der Igel in den Weinbergen unterwegs sei und mit seinen Stacheln die Weinbeeren pflücke. Der Interpretationsspielraum ist dabei groß und kann je nach dem Glück oder Pech bringen. Für die Sinti und Roma ist der Igel jedenfalls ein Glücksbringer. Auch in Teilen Deutschlands gab es den Aberglaube, dass ein toter im Stall als Bauopfer vergrabener Igel Glück bringen soll. Im Bereich der Märchen ist der Igel als Metapher für die wehrhafte Verteidigung bekannt. Diese Fähigkeit, die er seinen Stacheln zu verdanken hat, nahm schon Wilhelm Busch in seinem Gedicht Fuchs und Igel auf. Und die Redewendung „sich einigeln“ ist mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Fähigkeit des Igels zurückzuführen.
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